Säge-Girls und Waffeleisen-Boys

Saarbrücken · Mädchen für Männerberufe zu interessieren, ist seit 2001 Anliegen des Girls' Day. Behörden und Firmen nutzen den Tag, um sich im besten Licht darzustellen. Denn so wollen sie Auszubildende für sich gewinnen.

 Wie sieht die Arbeit im Wald aus? Wie geht man mit einer Motorsäge um? Das interessierte unter anderem Anna-Lisa Mann. Fotos: B&B

Wie sieht die Arbeit im Wald aus? Wie geht man mit einer Motorsäge um? Das interessierte unter anderem Anna-Lisa Mann. Fotos: B&B

 Beim Boys' Day im Johanna-Kirchner-Haus konnten Schüler Einblicke in den Beruf des Altenpflegers gewinnen.

Beim Boys' Day im Johanna-Kirchner-Haus konnten Schüler Einblicke in den Beruf des Altenpflegers gewinnen.

 Sina-Marie Ningel (links) und Lisa-Marie Hornung versuchen sich im Ausbildungszentrum AGV Bau Saar GmbH an einer Mauer.

Sina-Marie Ningel (links) und Lisa-Marie Hornung versuchen sich im Ausbildungszentrum AGV Bau Saar GmbH an einer Mauer.

300 neue Auszubildende könnte die saarländische Bauwirtschaft Jahr für Jahr gebrauchen. Es wird aber immer schwerer, so viel Nachwuchs zu finden, obwohl die Ausbildungsvergütungen über 1000 Euro liegen und Gesellen schon in den ersten Berufsjahren sehr gut verdienen. Unter solchen Vorzeichen versteht es sich fast von selbst, dass der Arbeitgeberverband der saarländischen Bauwirtschaft beim gestrigen Girls' Day besonders engagiert war. Es ist für ihn eine wundervolle Gelegenheit für Öffentlichkeitsarbeit.

Der Girls' Day (seit 2001) ist ein jährlich stattfindender Aktionstag, der Mädchen und Frauen für technische und naturwissenschaftliche Berufe interessieren möchte. Er soll mit dazu beitragen, den Anteil der weiblichen Beschäftigten in sogenannten "Männerberufen" zu erhöhen und generell den Fachkräftemangel verringern zu helfen.

Sage und schreibe 137 Mädchen aus dem ganzen Saarland, meist 15 bis 17 Jahre alt, waren gestern ins Ausbildungszentrum der Bauwirtschaft nach Schafbrücke gekommen, um in den zahlreichen Werkstätten mal zu gucken, was Stuckateure, Fliesenleger, Zimmerer, Stahlbetonbauer, Dachdecker oder Maurer so machen. Das war nach den Worten von Markus Pirron, dem Leiter des Ausbildungszentrums, eine Rekordbeteiligung. Die Mädchen wurden nicht mit Theorie gelangweilt; sie durften nach Herzenslust anpacken und das "Speis-Girl" im wahren Wortsinn geben. Gesprächspartner und Handlanger der jungen Besucherinnen waren übrigens die echten Azubis, deren Ausbildung dadurch bereichert wurde - Doppelnutzen also!

Praktische Berufskunde gab es auch beim Online-Versicherer Cosmosdirekt in Saarbrücken, der den Girls' Day als eine Art "frühes Personal-Marketing" schätzt. Hier durften 20 Mädchen unter Anleitung der IT-Abteilung je eine eigene Website bauen. "Die gehen heim und haben dann auch was in der Hand", freute sich Sprecherin Susanne Paul über sehr interessierte junge Besucherinnen.

Stark engagiert waren auch die Hochschulen. Die Universität bot allein in Saarbrücken 150 Mädchen Einblick in insgesamt zehn Projekte, unter anderem in der Physik und der Computer-Linguistik. An der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) wurden Teleskope gebaut, Roboter gesteuert und dreidimensionale Objekte gezeichnet. Dass Bildungsminister Ulrich Commerçon vorbeischaute, verdeutlichte den Stellenwert, den der Aktionstag für die Landesregierung hat. Der Minister brachte übrigens die durch sein Haus geförderte Stipendiatin Paula Patrasc mit. Die Rumänin lebt erst seit zweieinhalb Jahren in Deutschland und hat im letzten Jahr den Einstieg in die neunte Klasse der Gemeinschaftsschule Neunkirchen mit Bravour gemeistert. Ministerkollege Reinhold Jost (Umwelt) machte seine Aufwartung beim Saarforst, der ebenfalls mehr weibliche Mitarbeiter sucht und demonstrierte, dass auch Frauen Bäume fällen können. Erst drei von etwa 80 Förstern im Saarland sind Frauen.

"Ein starkes Team sucht dich!" hieß es bei der Landespolizeidirektion des Saarlandes, die 70 Mädchen mit Vorführungen und Vorträgen informierte. Sie berät üblicherweise bevorzugt Abiturientinnen, macht sich aber auch gern für Jüngere interessant.

Seit vier Jahren gibt es übrigens auch einen Boys' Day, bei dem Jungen für weiblich dominierte Berufe interessiert werden. Von Anfang an dabei: das Awo-Altenpflegeheim Johanna Kirchner in Malstatt.

Ausbilder Oliver Trojan und seine Kollegen zeigten zehn Buben, wie man Blutdruck und Blutzucker misst, aber auch einen Tisch fürs Abendbrot eindeckt und Waffeln backt, um alten Menschen den Alltag schön zu machen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort