Saarland leistet sich große Räte

Saarbrücken · Die Gemeinde- und Stadträte sind im Saarland größer als in den meisten anderen Bundesländern. Saarbrückens OB Charlotte Britz sagt, beim Sparen müssten alle ihren Beitrag leisten – auch die Kommunalpolitik.

 Blick in den Völklinger Stadtrat: Das Gremium hat 45 Sitze. Etwas weniger würden auch reichen, sagt der Oberbürgermeister der Stadt, Klaus Lorig (CDU). Foto: Becker&Bredel

Blick in den Völklinger Stadtrat: Das Gremium hat 45 Sitze. Etwas weniger würden auch reichen, sagt der Oberbürgermeister der Stadt, Klaus Lorig (CDU). Foto: Becker&Bredel

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Als Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD ) 2013 händeringend nach Einsparmöglichkeiten im Stadthaushalt suchte, holte sie ein drei Jahre altes Spargutachten hervor. Wirtschaftsprüfer hatten damals empfohlen, für die Zeit nach der Kommunalwahl 2014 die Zahl der Sitze im Stadtrat zu senken - von 63 auf 55. Acht Mandate weniger und fünf Prozent weniger Fraktionszuschüsse hätten den Haushalt um 75 000 Euro entlasten sollen. Jedes Ratsmitglied erhält aktuell eine monatliche Auslagenpauschale von 351 Euro plus 26 Euro pro Sitzung des Rates und seiner Ausschüsse. Die Fraktionen erhalten zudem Zuschüsse von 843 000 Euro im Jahr. Der Landtag, der für das Gesetz zuständig ist, das die Größe der Stadt- und Gemeinderäte regelt, befasste sich indes nie mit dem Thema. Britz war mit ihrem Vorstoß bereits an der eigenen rot-rot-grünen Stadtratskoalition gescheitert.

Läge Saarbrücken in Bayern, dann hätte sich Britz derlei Gedanken nie machen müssen. Denn dann hätte der Stadtrat statt 63 nur 50 Sitze, in Sachsen nur 48 und in Thüringen sogar nur 46 Sitze. Bei der Größe der Kommunalparlamente liegt das Saarland bundesweit an der Spitze, wie ein Blick in die Kommunalverfassungen der Flächenländer zeigt. Nur Nordrhein-Westfalen und Hessen liegen vor dem Saarland - und das auch nur bei bestimmten Gemeindegrößen. Städte der Größenordnung von Homburg und Neunkirchen haben im Saarland einen Rat mit 51 Sitzen, in Baden-Württemberg reichen 32 Mandate aus.

Saarbrückens OB Britz sagte der SZ: "Ich denke, in der aktuellen Finanzsituation müssen alle ihren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten - auch die Kommunalpolitik. Eine moderate Verkleinerung der Gemeinde- und Stadträte im Saarland wäre auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels durchaus vertretbar." Das sieht der Völklinger Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU ) ähnlich. "Wir müssen runter auf Bundesniveau." In anderen Bundesländern gehe es ja nicht weniger demokratisch zu, nur weil dort die Räte kleiner seien. Schon heute hätten die Parteien Probleme, genügend Kandidaten zu finden.

Im Saarländischen Städte- und Gemeindetag (SSGT) wären viele Bürgermeister auf Anhieb dafür, die Kommunalparlamente zu verkleinern. Das SSGT-Präsidium behandelte das Thema im Oktober 2012, kam damals aber zu dem Schluss, "dass eine Initiative des SSGT zur Reduzierung der Mitgliederzahl der Gemeinderäte keine Aussicht auf Erfolg haben würde", wie Geschäftsführerin Barbara Beckmann-Roh mitteilte.

Denn CDU und SPD im Landtag lehnen eine Verkleinerung der Räte ab. Der SPD-Kommunalexperte Magnus Jung erläuterte auf Anfrage, die Demokratie lebe von breiter Teilhabe. Nötig sei daher eine Stärkung des kommunalen Ehrenamtes. "Dies verträgt sich nicht mit einer Verkleinerung der Parlamente." Die CDU will mit ihren Kommunalpolitikern erst einmal über das Thema reden, "auf Grundlage der praktischen Erfahrungen", wie ein Sprecher sagte. Der Völklinger Oberbürgermeister Lorig ist inzwischen etwas optimistischer geworden, was sein Anliegen angeht: "Ich spüre zumindest eine gewisse Offenheit im Landtag."Natürlich lässt sich mit einem kleineren Rat kein Haushalt sanieren; dazu sind die Beträge, um die es hier geht, zu gering. Das eigentliche Problem ist der Eindruck, der in anderen Bundesländern entstehen könnte. Nach dem Motto: Ein Bundesland, das nicht einmal hier spart, gönnt sich vielleicht auch an anderen Stellen höhere Standards. Auf allen Feldern will das Land seine Ausgaben um jeden Preis unter den Bundesschnitt drücken. Aber ausgerechnet dort, wo der Einschnitt niemandem wirklich wehtäte, passiert nichts. Man kann nur hoffen, dass diese Haltung dem Land in Berlin nicht irgendwann auf die Füße fällt.

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