Saarbrücker Profi-Surfer 72 Tage auf der Suche nach Müll

Saarbrücken · Zweieinhalb Monate war Florian Jung aus Saarbrücken mit seiner neunköpfigen Crew auf einem Katamaran auf dem Atlantik unterwegs. Mit einem Ziel: Ein klares Zeichen für den Umwelt- und Klimaschutz zu setzen.

 Florian Jung war mit einem Segelboot auf dem Atlantik unterwegs. Unter dem nassen Blau hat er ganze Plastikteppiche entdeckt. Auf der Wasseroberfläche (Foto rechts) ist das wahre Ausmaß oft gar nicht zuerkennen. Fotos: Pierre Bouras

Florian Jung war mit einem Segelboot auf dem Atlantik unterwegs. Unter dem nassen Blau hat er ganze Plastikteppiche entdeckt. Auf der Wasseroberfläche (Foto rechts) ist das wahre Ausmaß oft gar nicht zuerkennen. Fotos: Pierre Bouras

 Florian Jung, einer der weltbesten Windsurfer, weist mit seiner 72-tägigen Reise auf die Verschmutzung der Meere hin. Foto: E. Aerder

Florian Jung, einer der weltbesten Windsurfer, weist mit seiner 72-tägigen Reise auf die Verschmutzung der Meere hin. Foto: E. Aerder

Foto: E. Aerder

Es sind klischeehafte Bilder, die das Stichwort "Surfer" in vielen Köpfen hervorruft: Durchtrainierte, braungebrannte Überlebenskünstler schweben mit lockigem, blonden Haar über ihrem sonnenbrillierten Dauerlächeln vor malerischen Traumstränden sorgenfrei über vor Urgewalt schäumende Monsterwellen. Zugegeben: Rein äußerlich ist der saarländische Profisurfer Florian Jung demnach der Prototyp seiner Zunft. Aber: Statt Sorgenfreiheit zu zelebrieren will er die Welt verändern.

Dafür war der 31-jährige Saarbrücker, der zu den weltbesten Windsurfern gehört, in den letzten zweieinhalb Monaten mit der von ihm initiierten Expedition "Aquapower" unterwegs. Anfang Juni lief das Segelboot, das von Südamerika aus den Atlantik überquerte und dabei fast 6000 Seemeilen (etwa 11 000 Kilometer) zurücklegte, im Hafen von Marseille ein. "Wir wollen den Menschen die Schönheit der Meere, aber auch die Probleme, die uns alle etwas angehen, rüberbringen", erklärt er und führt aus: "Dabei wollten wir das Sportliche mit der Wissenschaft verbinden und nicht einfach den Plastikmüll im Meer zeigen, sondern unsere Botschaft so aufbereiten, dass es auch junge Leute interessiert." Kurze, dokumentarische Video-Beiträge, die auf der Internetseite des Projekts abrufbar sind, sollen auf der emotionalen Ebene für die massive Umweltverschmutzung sensibilisieren. Ende des Jahres wird zudem ein Dokumentarfilm über die Expedition veröffentlicht.

Die Themen Meeresverschmutzung und Klimawandel sind keine neuen, aber: "Es ändert sich nur sehr wenig. Ich würde in diesem Bereich wirklich extrem gerne etwas bewegen", sagt Jung und weiß: "Wenn ich hier etwas in die Saar werfe, landet es früher oder später auch im Ozean und schwimmt dort jahrhundertelang herum." Dem Atlantik entnahmen die Aktivisten immer wieder Proben, die nun in einem Labor untersucht werden. "Wenn man sieht, wieviel Plastik nach nur einer Stunde in unserem Netz gelandet ist, das eine kleine Öffnung von etwa 30 mal 30 Zentimetern hatte, will man das nicht hochrechnen", meint der 31-Jährige. "Es ist schon ziemlich erschreckend, wenn man 2000 Kilometer von jeglicher Zivilisation entfernt so viel Mikroplastik findet."

Die Funde werden wissenschaftlich verwertet und mittels Satellitenbildern kartographiert, um nachvollziehen, wie sich sogenannte Plastikteppiche bilden und mit der Zeit verändern. "Man sieht diese Teppiche eigentlich gar nicht. Nur blaues Wasser und hin und wieder ein größeres Plastik- oder Styroporteil. Das eigentliche Plastik ist sehr klein und befindet sich unter Wasser", berichtet Jung.

Ebenfalls rund 2000 Kilometer vom nächsten Hafen entfernt in der Nähe der Azoren erlebte Jung seinen größten Schock auf dem 72-tägigen Trip: Während eines Sturms mit meterhohen Wellen übersteuerte er das Boot und bot der Naturgewalt das Segel feil, das von einer heftigen Böe zerrissen wurde. "Davor fiel schon einer unserer Motoren aus, von daher war es eine sehr prekäre Lage", erinnert sich Jung, "Wenn einem selbst so etwas passiert, ist das schon übel. Wir konnten das Segel glücklicherweise relativ schnell reparieren." Doch auch schöne Erinnerungen bleiben haften: "Wir haben tagtäglich Delfine, Wale und auch Haie gesehen. Wir waren Schnorcheln und Tauchen an den schönsten Stellen, die man sich vorstellen kann", schwärmt Jung rückblickend und schiebt nach: "Natürlich haben wir auch neue Surf-Spots entdeckt mit perfekten Wellen." Das Surfen hat den Profi schließlich auch auf die Idee gebracht: "Ich wollte ein Zeichen in Sachen Umwelt- und Klimaschutz setzen. Wir als Surfer sind täglich im Wasser. Als ich in Bali gesehen habe, wieviel Müll im Meer herumschwimmt, wollte ich unbedingt etwas tun."

Binnen fünf Monaten organisierte der Saarländer ein Boot und eine neunköpfige internationale Crew, der auch die in Saarbrücken lebende Meeresbiologin Frauke Bagusche angehörte. Ihre Kernbotschaft : "Die Verantwortung für unsere Umwelt tragen wir alle. Jeder Einzelne kann mit wenig Aufwand - zum Beispiel dem Einsparen von Plastik - schon sehr viel erreichen." Dabei geht es Jung nicht nur um den Erhalt der paradiesischen Kulissen seiner Arbeitsplätze, sondern um den "Erhalt unseres Planeten über die nächsten Jahrhunderte hinaus".

aquapower-expedition.com

florianjung.com

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort