Saarbrückens letzter Kürschner

Saarbrücken. Nur das gelbe Schild an der Hauswand in der Mainzer Straße 6 verrät, dass hier der Letzte Saarbrücker dieser Zunft arbeitet: "Harald Bauer - Kürschnermeister" steht da in schwarzen Lettern. Wer Bauer (60) bei der Arbeit mit Pelzen sehen will, muss hoch ins Dachgeschoss. "Ich genieße die Ruhe hier oben", sagt Bauer

 Harald Bauer in seinem Atelier in der Mainzer Straße. Foto: O. Dietze

Harald Bauer in seinem Atelier in der Mainzer Straße. Foto: O. Dietze

Saarbrücken. Nur das gelbe Schild an der Hauswand in der Mainzer Straße 6 verrät, dass hier der Letzte Saarbrücker dieser Zunft arbeitet: "Harald Bauer - Kürschnermeister" steht da in schwarzen Lettern. Wer Bauer (60) bei der Arbeit mit Pelzen sehen will, muss hoch ins Dachgeschoss. "Ich genieße die Ruhe hier oben", sagt Bauer. Es wirkt ein wenig so, als hätte er sich bewusst aus der modernen Welt rausgezogen, in der Pelz häufig als grausamer Luxus gilt. Seine frühere Ausbildungsstätte "Pelz Dietrich" in der Futterstraße hat Ende der 70er Jahre dichtgemacht. Auch das "Pelzhaus Korn" mit über 30 Mitarbeitern musste schließen. Pelz war in Verruf geraten. Als Tierquälerei und unnötiger Protz beschimpft. Bauer sieht das anders. "Pelz ist ungeschorenes Leder. Auf jedem Leder waren mal Haare. Wer Leder trägt, muss auch Pelz akzeptieren," sagt Bauer, der 1970 seine Ausbildung an der Schmollerschule beendete. Heute gibt es Hightech-Materialien, um sich vor der Winterkälte zu schützen.

Seit 1979 selbstständig

"Doch kein Material ist so warm, so lebendig und so behaglich wie Pelz", findet der Kürschnermeister. Aber auch er macht Unterschiede: "Die meisten Pelze, mit denen ich arbeite, sind von heimischen Tieren. Der Rotfuchs muss gejagt werden, weil er den Fuchsbandwurm übertragen kann. Hase, Kaninchen werden gegessen. Warum sollte man nicht auch ihren Pelz verarbeiten? Aber ein Nerzmantel bei dem 30, 40 gezüchtete Tiere ihr Leben lassen, muss nicht sein." Seit 1979 ist Bauer selbstständig. Über 30 Jahre führte er seinen Laden "Leder und Pelze Bauer" in Saarbrücken. "Irgendwann wurde mir der Verkauf zu stressig", sagt er.

Allein von der Pelzbearbeitung hätte Bauer nicht überleben können. Deswegen arbeitet er seit vielen Jahren auch mit Leder, näht Jacken, repariert Taschen, Geldbeutel und ändert Bekleidung. "Die Pelzarbeiten", sagt der 60- Jährige, "beschränken sich bei mir vornehmlich auf Umarbeitungen." In seinem Atelier im Dachgeschoss scheint die Zeit stehen geblieben. Auf einer langen Kleiderstange hängen schwere Pelzmäntel und Lederjacken. Darüber thronen Perückenköpfe, die Pelzmützen und -Hüte tragen. Auf den Tischen liegen Scheren, Zangen und Schnittmuster. Auch die Nähmaschinen sind viele Jahre alt. "Die hier ist von 1980", sagt er. Mit flinken Fingern schiebt er zwei Pelzstücke zwischen die Teller der Maschine. Mit einem Metallstift schiebt er beim Nähen immer wieder die Haare nach innen. Dann sitzt die Naht. "Ein Kürschner muss nicht nur nähen können, sondern auch Schnitttechniken und Futterarbeiten beherrschen. Ich kann sticken und Schnittmuster entwerfen. Es ist ein kreativer, künstlerischer Beruf." Auf seiner Holztafel liegt eine halbfertige Jacke aus Rotfuchsseiten. "Das hier wird eine Kimonojacke. Ich bin gerade dabei ein Ärmelloch einzusetzen." Seine Hände gleiten durch das dicke Fell. Der Pelz erlebt gerade eine Renaissance, beschreibt er.

"Auch junge Frauen trauen sich wieder mit einer Pelzjacke auf die Straße. Ich mache aus alten Pelzmänteln wieder etwas Neues und Modernes." Der letzte Kürschner in Saarbrücken fühlt sich nicht einsam, "weil mein Handwerk wieder gefragt ist. Ich habe viele Kunden", sagt Bauer zufrieden.

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