Rüffel von der Regierungschefin

Saarbrücken · Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer warnt, eine Diskussion über die Schuldenbremse könne die Verhandlungsposition des Saarlandes schwächen. Ihr Rat: Alle Beteiligten sollten „sehr aufpassen“.

Die Namen der SPD-Minister Anke Rehlinger und Ulrich Commerçon musste sie gar nicht nennen. An wen Annegret Kramp-Karrenbauers Rüffel gerichtet war, war allen klar. Die Wirtschaftsministerin und der Bildungsminister hatten wegen der Kosten der Flüchtlingsaufnahme und höherer Schülerzahlen die Schuldenbremse in frage gestellt (die SZ berichtete).

Dies wollte die Regierungschefin wohl so nicht stehen lassen. Man müsse "sehr aufpassen", warnte sie gestern bei einem kurzfristig angesetzten Pressetermin, dass bei Bund und Ländern nicht der Eindruck entstehe, das Saarland würde sich "auf breiter Front von der Schuldenbremse verabschieden". Gerade angesichts der aktuellen Bund-Länder-Verhandlungen über einen neuen Finanzausgleich, bei denen es um existenzsichernde Hilfen für das Saarland geht, sei dies "hochgefährlich". Einige könnten ein Abrücken von der Schuldenbremse als "willkommene Vorlage" betrachten, "um berechtigte Interessen des Saarlandes unter den Tisch fallen zu lassen". Deshalb könne sie "wirklich nur alle bitten und dazu raten, sehr, sehr vorsichtig in den Formulierungen zu sein".

Die Schuldenbremse sei im Grundgesetz verankert, sagte Kramp-Karrenbauer. Sie könne nirgends "in irgendeiner Art und Weise eine Bewegung ausmachen, die ernsthaft diskutieren würde, die Schuldenbremse wieder aus dem Grundgesetz zu streichen". Das Saarland erhalte für die Einhaltung der Sparvorgaben jedes Jahr 260 Millionen Euro. Wer den Sparkurs infrage stelle, gefährde diese Hilfen.

Kramp-Karrenbauer bestritt nicht, dass die Aufnahme tausender Flüchtlinge höhere Ausgaben verursacht. Die Länder verhandelten mit dem Bund darüber, dass dieser die Ausgaben übernimmt, "so weit es irgendwie geht". Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) hatte eine Übernahme "eins zu eins" gefordert. Kramp-Karrenbauer sagte, nach dem Flüchtlingsgipfel am 24. September müsse man "eine Art Kassensturz" machen. Erst wenn man dann zum Ergebnis komme, dass der Bund die Kosten nicht genügend decke, "muss man sich ernsthaft die Frage stellen: Hat das einen Einfluss auf den Konsolidierungskurs, müssen wir mit dem Stabilitätsrat nachverhandeln?"

Ob es am Mittwoch bei den Bund-Länder-Finanzverhandlungen ein Ergebnis geben wird, ließ Kramp-Karrenbauer offen. Der Kompromissvorschlag von Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD ), der für das Saarland ab 2020 Verbesserungen von 360 Millionen Euro vorsieht, reiche nicht aus. Zumal Scholz seinen Vorschlag inzwischen wieder so geändert habe, dass die Ostländer mehr bekämen und das Saarland weniger als 360 Millionen. Einen konkreten Betrag wollte Kramp-Karrenbauer aber nicht nennen.

Sie bekräftigte, dass Bremen und das Saarland einer Lösung nur zustimmen würden, die es den Ländern ermögliche, die Schuldenbremse über 220 hinaus einzuhalten und gleichwertige Lebensverhältnisse gewährleiste. "Wir werden keinem faulen Kompromiss zustimmen", so Kramp-Karrenbauer.

In der Flüchtlingspolitik forderte Kramp-Karrenbauer deutlich mehr Engagement der Europäischen Union. Die EU falle mit ihren Gremien derzeit vollkommen aus. "Es ist für mich erstaunlich, dass wir mit Blick auf die Wirtschafts- und Finanzkrise und Griechenland innerhalb von kurzer Zeit eine Troika, einen Rettungsschirm und Maßnahmenpakete hatten. Und jetzt, wo die EU über die humanitäre Situation in ihren Grundwerten wirklich herausgefordert ist, da erlebe ich keine wirkliche Anstrengung", so Kramp-Karrenbauer.

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