„Rot-Rot ist sehr erstrebenswert“

Der SPD-Landtagsabgeordnete Sebastian Thul (35), Mitglied im Forum „Demokratische Linke“ der Partei, sieht den Zweck der großen Koalition im Saarland 2017 als erfüllt an und wirbt für ein Bündnis mit der Linken. Im Gespräch mit SZ-Redakteur Daniel Kirch kritisiert der Neunkircher auch den Kurs von Bundesparteichef Sigmar Gabriel.

 Dahin gehen, „wo es stinkt“. Das möchte der SPD-Landtagsabgeordnete Sebastian Thul – gemeinsam mit der Linken. Foto: SPD

Dahin gehen, „wo es stinkt“. Das möchte der SPD-Landtagsabgeordnete Sebastian Thul – gemeinsam mit der Linken. Foto: SPD

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Sie fordern in einem Papier linker SPD-Politiker höhere Steuern für Spitzenverdiener. Ihr Bundesvorsitzender Sigmar Gabriel hat erklärt, dass dies nicht seine Priorität ist.

Thul: Vielleicht nicht seine, aber mit Sicherheit die Priorität vieler in der Partei und auch der Mehrheit der Gesellschaft. Das letzte Regierungsprogramm hatte sehr gute Ansätze und wurde mit überwältigender Mehrheit verabschiedet. Solange wir keine anderen Beschlüsse haben, gilt es. Fakt ist aber auch, dass wir damit nicht zur stärksten Partei gewählt wurden. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

Gabriel rückt vor der Bundestagswahl 2017 erkennbar in die Mitte, in der Steuer- und Flüchtlingspolitik, aber auch bei Vorratsdatenspeicherung und TTIP.

Thul: Er ist als Parteivorsitzender mit der klaren Ansage gestartet: Diese obskure Mitte existiere eigentlich gar nicht, wir wollen dahin gehen, wo es stinkt, und wieder mehr zur Kümmerer-Partei werden. Ich habe kein Verständnis dafür, dass er jetzt wieder mit dieser Mitte-Frage anfängt.

Ist bei der Bundestagswahl 2013 nicht eher der linke Kurs der Steuererhöhungen gescheitert?

Thul: Nach der jahrelangen Mitte-Politik zuvor hatten wir 2013 ein sehr sozialdemokratisches, kerniges Programm. Ich glaube nicht, dass es so einfach geht zu sagen: "Jetzt sind wir wieder die richtigen Sozialdemokraten, die dafür sorgen, dass die Reichen stärker besteuert werden." Da war zuvor ein Vertrauensverlust, den wir wieder gut machen werden. Das geht aber nur begrenzt in einer großen Koalition, auch wenn diese sowohl im Bund als auch im Land inhaltlich SPD-geprägt ist. Der bundesweite Mindestlohn und die Umsetzung der Inklusion im Land sind zwei unserer Bigpoints.

Was bedeutet das für die Bundestagswahl im Jahr 2017?

Thul: Dass wir im Vorfeld keine Koalition ausschließen sollten. Es bedeutet auch, dass wir mit Linken und Grünen schon jetzt bei konkreten Projekten zusammenarbeiten sollten. Zukünftige Zusammenarbeiten entstehen ja nicht urplötzlich am Wahlabend. So war das auch 1998 bei Rot-Grün: Das Projekt der sozialökologischen Wende hatten Gerhard Schröder , Oskar Lafontaine und die Grünen-Spitze lange vorbereitet.

Für wie erstrebenswert halten Sie ein Bündnis mit der Linken auf Bundesebene?

Thul: Ich halte das für sehr erstrebenswert, weil ich glaube, dass aus der Regelerscheinung große Koalition, die wir mittlerweile auf Landes- und Bundesebene haben, wieder eine Ausnahmeerscheinung werden muss. Groko auf Dauer - das ist der Demokratie nicht zuträglich. Ich hätte gerne eine starke Opposition mit der Union, die eine Regierung auch wirklich kontrollieren kann.

Die Koalitionsfrage wird sich vor dem Bund zunächst im Saarland stellen, wo bereits im Frühjahr 2017 gewählt wird.

Thul: Wir haben als große Koalition ein Projekt: die Sicherung der Eigenständigkeit des Landes und die Verbesserung der Finanzsituation. Die wird gerade verhandelt. Wenn dieses Projekt nicht mehr da ist, halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass beide Volksparteien wieder andere Koalitionen anstreben. Ich würde es sehr begrüßen, dass man Mehrheiten jenseits der großen Koalition bildet. Wenn es nach erfolgreicher Erledigung des Groko-Projektes dann eine Mehrheit für Rot-Rot gibt, warum sollte man das nicht nutzen?

Was ist mit den Grünen? Es wird spekuliert, dass sie auf ein Bündnis mit der CDU hinarbeiten könnten.

Thul: Ich glaube, der Grünen-Vorsitzende arbeitet auf alles hin, was ihm persönlich zum Vorteil gereicht.

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