Rot-Rot-Grün fürchtet private Konkurrenz

Saarbrücken · Die Saarbrücker Stadtratskoalition hofft auf den Bundesrat. Er soll verhindern, dass Investoren den Nahverkehr beherrschen und dabei Kasse machen.

 Gefahr drohe, so die Stadtratskoalition, wenn bei der nächsten Vergabe 2019 die Saarbahn GmbH von privater Seite unterboten wird. Archivfoto: Iris Maurer

Gefahr drohe, so die Stadtratskoalition, wenn bei der nächsten Vergabe 2019 die Saarbahn GmbH von privater Seite unterboten wird. Archivfoto: Iris Maurer

Die rot-rot-grüne Koalition in Saarbrücken will die saarländische Landesregierung dazu auffordern, sich im Bundesrat für eine Gesetzesinitiative zum besseren Schutz kommunaler Verkehrsbetriebe vor privater Konkurrenz einzusetzen.

Eine entsprechende Beschlussvorlage für den am kommenden Dienstag tagenden Stadtrat hatte die Koalition aus SPD, Die Linke und Bündnis 90 am Mittwoch im Bauausschuss zunächst öffentlich vorgelegt, verschob das Thema dann jedoch in den nicht-öffentlichen Teil.

Hintergrund dieser Resolution ist die im Jahr 2019 erneut anstehende Vergabe der Leistungen der Personenbeförderung mit Bus und Straßenbahn in der Landeshauptstadt für die folgenden zehn Jahre.

Sollte es dazu kommen, dass die städtische Saarbahn GmbH bei der Auftragsvergabe für die folgenden zehn Jahre von privaten Unternehmen unterboten wird, könnte das für das kommunale Unternehmen existenzgefährdend sein, warnt die Stadtratskoalition.

Als Schreckensbeispiel dient ihr dabei die Stadt Pforzheim in Baden-Württemberg. Dort habe die Stadt nach der Vergabe ihrer Linien im öffentlichen Personennahverkehr an ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn ihre über 100 Jahre alten städtischen Verkehrsbetriebe liquidieren müssen. Neben Schäden in Millionenhöhe und dem Verlust an Steuerungsmöglichkeiten für die betroffene Kommune sei damit auch ein Verlust an "anständig bezahlte(n) Arbeitsplätze(n)" und Fachkräften verbunden, heißt es dazu unter anderem in dem Papier der Koalition.

Nun hatte der Bundesrat, auch mit der Stimme des Saarlandes, aber erst im Februar eine Gesetzesinitiative zum Schutz der kommunalen Verkehrsbetriebe angestoßen, die noch auf ihre Bearbeitung im Bundestag wartet.

Warum jetzt noch eine? Die darin vorgeschlagenen Änderungen bei den Vergabekriterien gingen nicht weit genug, sagt Philipp Schneider, der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion, auf Nachfrage der Saarbrücker Zeitung. Im derzeitigen Gesetz, das die Vergabe regelt, habe das Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit Vorrang vor einer Direktvergabe. Das Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit bedeutet, dass ein Unternehmen sich bereit und fähig erklärt, die zu vergebenden Buslinien ohne Subventionen (Zuschüsse) zu bedienen.

Die aktuelle Gesetzesinitiative des Bundesrats fordert im Wesentlichen zusätzlich nur, dass das Unternehmen dabei die Einhaltung bestimmter sozialer und qualitativer Standards im Interesse der Beschäftigten und der Fahrgäste nachweist.

Das könne aber weiterhin bedeuten, dass ein privater Anbieter zum Zuge kommt, der nur Mindestlöhne zahlt, meint Philipp Schneider. Deshalb setze sich die Stadtratskoalition dafür ein, dass das Prinzip der Direktvergabe an das eigene Verkehrsunternehmen der Kommune Vorrang erhalten solle - was die Europäische Union als Möglichkeit ausdrücklich einräume.

Genährt wird die Furcht der Stadtratskoalition wohl auch durch ein noch nicht abgeschlossenes Verfahren, bei dem das Gemeinschaftsunternehmen von fünf privaten saarländischen Busfirmen, Saar-Mobil, versucht, gegen die Vergabe der Saarlouiser Busverkehrleistungen an die Betreibergesellschaft KVS, das Verkehrsunternehmen des Landkreises Saarlouis, vorzugehen.

Schneider hält es für möglich, dass sich nicht nur Saar-Mobil um die Saarbrücker ÖPNV-Leistungen bewerben könnte. Auch andere, internationale Anbieter könnten durchaus Interesse haben, hier Marktanteile zu gewinnen und könnten sich dabei sogar um die mitausgeschriebenen - und stark subventionsbedürftigen - innerstädtischen Saarbahn-Strecken bewerben.

Im ostdeutschen Gotha nahe Erfurt in Thüringen hatten private Unternehmen sogar angeboten, die Straßenbahnlinien künftig durch Busse zu ersetzen. Dem hatte das Landesverwaltungsamt in Weimar allerdings eine Abfuhr erteilt.

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