Renaissance des öffentlichen Raumes

„Architektur leben“ ist das Motto des bundesweiten Tags der Architektur am 29. und 30. Juni. Wir zeigen Beispiele für Innen- und Außengestaltung aus dem Regionalverband Saarbrücken. Mit dem Landschaftsarchitekten Luca Kist hat SZ-Redakteurin Ilka Desgranges über die neue Seehundanlage im Saarbrücker Zoo gesprochen.

Herr Kist, Sie arbeiten am Pfarrzentrum/Quartiersgarten St. Eligius in Burbach, an der Ortsmitte Quierschied und haben das neue Seehundbecken im Saarbrücker Zoo geplant. Welchen Einfluss hat Landschaftsarchitektur auf Stadtentwicklung?

Luca Kist: Wir erleben gerade eine Renaissance des öffentlichen Raumes. Wir lernen ihn wieder wertzuschätzen. Diesen Prozess können wir als Landschaftsarchitekten unterstützen.

Was meinen Sie mit Renaissance des öffentlichen Raumes?

Kist: Das beste Beispiel: Nahezu jede Stadt mit einer Lebensader will zurück an den Fluss. Gewollt ist das Erleben von Naturraum und von urbaner Qualität. Stadtplätze erleben auch eine Renaissance. Es wurden noch nie so viele Plätze im Saarland neu gestaltet wie gerade jetzt.

Wenn Sie als Landschaftsarchitekt einen Platz gestalten, können Sie den dann freihalten oder müssen Sie immer auch Parkplätze einplanen?

Kist: Wir haben in keiner Stadt, in der wir planen, zu wenig Parkplätze. Im Gegenteil, es gibt Tiefgaragen, Parkhäuser, die nicht ausgelastet sind. Aber die Lobby der Einzelhändler und Investoren ist so groß, dass es Parkplätze möglichst direkt vor den Läden geben soll. Das ist der falsche Ansatz.

Beim Tag der Architektur sind zwei Projekte des Büros Dutt und Kist zu besichtigen: die vertikalen Gärten in Dillingen und das neue Seehundbecken im Saarbrücker Zoo. Ein Seehundbecken ist ja kein alltäglicher Auftrag. Wovon lassen Sie sich bei einem solchen Auftrag leiten?

Kist: Ein solcher Auftrag ist eher exotisch. Da geht man erst einmal sehr respektvoll mit um. Da planen wir zunächst nicht für Menschen, sondern für Tiere. Die artgerechte Haltung steht im Vordergrund. Wenn man gesehen hat, wie das Gehege vorher aussah, wie eine fliesenbesetzte kleine Pfütze, dann hatte man sofort den Wunsch, etwas zu tun. Wenn man weiß, dass Seehunde zu den beliebtesten Tieren im Zoo gehören, dann weiß man auch, dass die Leute sie möglichst aus allen Perspektiven sehen wollen: von oben, von unten, von rechts von links. Insofern wurde im Abstimmungsprozess mit dem Bauherrn, den Tierpflegern und den beteiligten Fachingenieuren deutlich, wir müssen etwas bauen, wo die Besucher die Tiere gut beobachten können. Beim Tauchen, aber auch bei ihren Kunststücken. Wir wollten keine Anlage bauen, wo die Leute lediglich an einer Reling stehen. Wir haben eine kompakte, flächensparende und barrierefreie Lösung gewählt, bei der das Technikgebäude in der Steilhangkulisse verschwindet. Für den Saarbrücker Zoo wünschen wir uns übrigens einen Masterplan, vergleichbar mit einem Stadtentwicklungsplan. In gewisser Weise kann man einen Zoo ja mit einer Stadt vergleichen.

Was schätzen Sie besonders an Ihrer Arbeit als Landschaftsarchitekt?

Kist: Es war von klein auf mein Bestreben, mit dem, was ich draußen vorfinde, meine Welt zu bauen. Das fing damit an, dass ich Steine zu Trockenmauern aufgeschichtet habe. Oder in der heimischen Sandgrube Birken gefällt habe, wofür mein Vater gar kein Verständnis hatte. Ich habe mir dann daraus Baumhäuser gebaut.

Warum beteiligen Sie sich am Tag der Architektur?

Kist: Es ist mittlerweile ein unverzichtbarer Bestandteil unserer baukulturellen Ausdrucksweise. Man kann ihn nutzen, um Fachleuten und Laien anhand gebauter Beispiele zu erklären, was Architektur, Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtentwicklung ausmacht.

 Die 2000 Quadratmeter große neue Seehundanlage ist eine der Hauptattraktionen des Saarbrücker Zoos. Die Landschaftsarchitekten Dutt und Kist haben sie geplant. Fotos: Iris Maurer (4)

Die 2000 Quadratmeter große neue Seehundanlage ist eine der Hauptattraktionen des Saarbrücker Zoos. Die Landschaftsarchitekten Dutt und Kist haben sie geplant. Fotos: Iris Maurer (4)

 Jonas, Lea und Henry (von links) vor dem Kindergarten St. Eligius in Riegelsberg, saniert durch Architekt Franz-Josef Warken.

Jonas, Lea und Henry (von links) vor dem Kindergarten St. Eligius in Riegelsberg, saniert durch Architekt Franz-Josef Warken.

 Luca Kist

Luca Kist

 Architekt Markus Kollmann hat dieses Wohnhaus in Saarbrücken umgebaut und in einen offenen Raum verwandelt. Foto: Kollmann

Architekt Markus Kollmann hat dieses Wohnhaus in Saarbrücken umgebaut und in einen offenen Raum verwandelt. Foto: Kollmann

Foto: Kollmann

Zum Thema:

Auf einen BlickZum 19. Mal sind im Saarland zeitgenössische Bauten zu besichtigen, diesmal unter dem bundesweiten Motto "Architektur leben". Erweitert wird der Tag der Architektur im Saarland um den Tag des offenen Architekturbüros, an dem freischaffende Architekten ihre Büros öffnen und die Besucher zu Gesprächen, Besichtigungen und Vorträgen einladen. Zum Abschluss gibt es am Sonntag, 30. Juni, ab 17 Uhr ein Treffen im Haus der Architekten (Saarbrücken, Neumarkt).redsaarland.detag-der-architektur.de

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