Inklusion in Saarbrücken Regionalverband setzt auf Integrationsteams

Saarbrücken · Kinder, die unter einer „seelischen Behinderung“ leiden, bekommen in der Schule nicht automatisch einen eigenen Integrationshelfer.

 Der mehrfach behinderte Lukas (rechts) und Max lernen in der Schule gemeinsam. Das Jugendamt ist für die Betreuung von „seelisch behinderten“ Kindern zuständig. Die Ausgaben dafür sind stark gestiegen. Foto: Büttner/dpa

Der mehrfach behinderte Lukas (rechts) und Max lernen in der Schule gemeinsam. Das Jugendamt ist für die Betreuung von „seelisch behinderten“ Kindern zuständig. Die Ausgaben dafür sind stark gestiegen. Foto: Büttner/dpa

Foto: Büttner/dpa

Jedem "seelisch behinderten" Kind einen Integrationshelfer in der Schule zur Seite zu stellen, ist nicht im Sinne der Inklusion, also des gemeinsamen Unterrichts von behinderten und nicht behinderten Kindern. Dieser Überzeugung sind Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD) und Jugendamtsleiterin Petra Spoo-Ludwig. Also haben sie ein neues Konzept entwickelt. Kinder, die zum Beispiel unter einer Belastungs- oder Angststörung leiden und Hilfe vom Jugendamt erhalten, werden seit 1. Februar an acht Schulen von einem Betreuungsteam unterstützt. Das heißt: Nicht jedes betroffene Kind bekommt einen Integrationshelfer, sondern an den Schulstandorten werden Fachkräfte eingesetzt, die von "Schulbegleitern" unterstützt werden. Sie sind für mehrere Kinder zuständig. Sind diese Hilfskräfte denn dafür ausgebildet? Spoo-Ludwig erklärt, diese Personen hätten Erfahrung in der Erziehung und würden von Organisationen wie der Arbeiterwohlfahrt oder der Lebenshilfe für ihre Aufgabe geschult, seien aber keine Sozialarbeiter. Diese Organisationen übernehmen die Betreuung vor Ort im Auftrag des Jugendamtes. Wichtig ist Spoo-Ludwig die enge Zusammenarbeit mit der Schule. Gemeinsam werde entschieden, wie die Betreuer eingesetzt werden. Zu den acht Schulen kommen ab August vier hinzu: die Wiedheckschule in Brebach, die Grundschule Altenkessel sowie die Turmschule und Albert-Schweitzer-Grundschule (beide in Dudweiler).

Die Fallzahlen und Ausgaben für Kinder mit "seelischer Behinderung" sind in den vergangenen Jahren explodiert. 2004 waren es 13 Kinder, im Jahr 2016 schon 240 Kinder, erklärt Spoo-Ludwig. 3,3 Millionen Euro gab das Jugendamt im vergangenen Jahr für die Integrationshelfer aus. "Dies stellt im südwestdeutschen Vergleich eine besonders hohe Fallbelastung dar", schreibt die Verwaltung in einer Stellungnahme für den Jugendhilfeausschuss. Woran liegt das? Das Bewusstsein habe sich durch die Inklusionsdebatte verändert, glaubt Peter Gillo. Viele Eltern wollen jetzt, dass ihre Kinder in einer Regelschule unterrichtet werden. Dazu kommt, dass viele Schulen mit dieser Aufgabe überfordert seien, ergänzt Spoo-Ludwig. Sie hätten vielen Eltern geraten: "Gehen Sie doch mal zum Jugendamt." So komme es, dass mehrere Erwachsene zusätzlich zum Lehrer im Unterricht sitzen. Dem schiebt die Verwaltung jetzt einen Riegel vor. Spoo-Ludwig: "Wir können unterstützen, sind aber nicht für die Wissensvermittlung zuständig." Also hat sie einen Pool von Betreuern gebildet. Die Amtsleiterin weiß aber auch: "Es wird auch weiter Kinder geben, die eine Einzelbetreuung brauchen." Allerdings werde jeder Antrag und das Familienumfeld umfassender geprüft. Einen großen Spareffekt sieht Spoo-Ludwig kurzfristig nicht. Das stehe auch nicht im Mittelpunkt. Weil sich die Betreuerteams aber intensiv um alle verhaltensauffälligen Kinder kümmern, könnten langfristig manche Einzelfallhilfen vermieden werden, hofft Spoo-Ludwig. Die ersten Erfahrungen seien ermutigend. Sie glaubt an den Erfolg des neuen Konzepts.

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Die Betreuerteams sind seit Februar an diesen Standorten im Einsatz: Grundschule Weyersberg, Ordensgut, Folsterhöhe, Dellengarten, Füllengarten, Rastpfuhl und Sulzbach sowie an der Gemeinschaftsschule Bellevue. Vier weitere Grundschulen in Brebach, Altenkessel und Dudweiler kommen dazu. An den zwölf Standorten arbeitet das Jugendamt des Regionalverbandes mit verschiedenen Einrichtungen der Jugendhilfe zusammen. 60 Betreuer sind es insgesamt an den zwölf Schulen: 29 ausgebildete Fachkräfte und 31 geschulte Hilfskräfte. Dazu kommen acht Absolventen eines Freiwilligen Sozialen Jahres.

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