Reden als „Standort der Möglichkeiten“

Saarbrücken · Wie kann man den Standort Landsweiler-Reden stabilisieren, ohne bereits millionenschwere Investoren zu haben? Das Wirtschaftsministerium senkt die Hürden und macht die Tore auf für alle, die etwas ausprobieren wollen.

 Wird Reden zum Mekka für Subkultur-Veranstalter? Hier das FaRK-Werbeplakat. Foto: Ver

Wird Reden zum Mekka für Subkultur-Veranstalter? Hier das FaRK-Werbeplakat. Foto: Ver

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Feuerschlucker, Klingonen, Steampunker - am letzten Augustwochenende werden sie zu Hunderten in Reden einfallen, eine kostspielig kostümierte Community, die sich jenseits konventioneller Freizeitgestaltung bewegt. "FaRK" nennt sich der für Außenstehende bizarr anmutende "Fantasie- und Rollenspielkonvent" - und er ist genau nach dem Geschmack von Wirtschaftsstaatsekretär Jürgen Barke (SPD ), zumindest in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratschef der Landestochter Industriekultur Saar (IKS). Barke muss sich Gedanken machen, wie er den Bergbaustandort Reden , in den bereits 35 Millionen Euro Steuergelder geflossen sind, stabilisiert. Fest steht, dass die Weiterentwicklung nicht warten kann, bis der aktuelle Konflikt mit dem Gondwana-Betreiber Matthias Kuhl gelöst und eine neue Trägerstruktur für den Standort gefunden ist. Das könnte sich Jahre hinziehen, ebenso wie die Ausarbeitung eines neuen, für Jahrzehnte tragenden Leitbildes samt Suche nach Investoren.

Nachhaltigkeit ist zweitrangig

Die Landesregierung setzt deshalb jetzt erst einmal auf ein schnelles, flexibles Interims-Modell, hat einen Reden-Beirat mit allen Vor-Ort-Akteuren ins Leben gerufen, Ideen gesammelt. Barke möchte aus Reden , zumindest vorübergehend, einen "Standort der Möglichkeiten" machen, die Tore öffnen für alle, die dort Veranstaltungen und Events durchziehen, kurzfristig etwas ausprobieren wollen. "Wir möchten für eine Übergangszeit die Pflicht zur Nachhaltigkeit lockern und hauptsächlich Frequenz auslösen", sagt Barke.

Er sucht also vorerst eher Unternehmer, die Reden testen, denn Investoren, die sich langfristig binden wollen. "Wir laden alle Event-Veranstalter zum Input ein", so Barke. Selbst ein Biergarten auf Zeit oder eine Rostwurstbude seien willkommen. Vordringlich hat Barke jedoch "Subkultur und Nischenangebote" im Auge: "Ich erhoffe mir, dass FaRK einen Sog erzeugt."

Nach der Sommerpause werde ein Standort-Manager engagiert, um Ansprechpartner und Organisator vor Ort für alle Interessenten zu sein. Dieses "Wir-machen-die-Tore-auf"-Konzept hält der Schiffweiler Bürgermeister Markus Fuchs (SPD ) für gut. Er lobt die Beirats-Initiative ("Endlich werden wir eingebunden"), warnt jedoch vor einem "Sammelsurium". Ähnlich äußert sich Landrätin Cornelia Hoffmann-Bethscheider (SPD ). Sie dringt auf konzeptionelle "Leitplanken" und eine "Zielvereinbarung", damit in Reden nicht das angeboten werde, was man überall finde. Bisher sei auf dem Standort alles unabgestimmt gelaufen, "Ordnung" sei vonnöten: "Das Land braucht nicht unbedingt noch mehr Geld zu investieren, es sollte professionelle Strukturen einziehen: Wer ist wofür zuständig? Dann klappt der Markt der Möglichkeiten", so Hoffmann-Bethscheider. Vor dem Hintergrund des Gondwana-Konfliktes fordert sie: "Es muss endlich Ruhe rein. Die ständigen Streitigkeiten verunsichern die Menschen." Sie warnt außerdem davor, das gastronomische Konzept auf der Halde - die Almhütten - zu verändern, sollte ein neuer Betreiber kommen: "Der Alm-Charakter muss bleiben." Der in Finanznot geratene Gondwana-Betreiber zahlt nach Informationen der Saarbrücker Zeitung immer noch keine Pacht an das Land. Und dies, obwohl man Matthias Michael Kuhl im Mai mit einem Stundungsmodell entgegen kam, damit er seine Handwerkerrechnungen bezahlen konnte. Im Gegenzug sollte Kuhl eine Wirtschaftlichkeitsprüfung zulassen. Doch auch die hat noch nicht stattgefunden. Schon im Mai drohte eine Eskalation. Das Land machte Rückstände von 370 000 Euro Pacht geltend - inzwischen geht es um 500 000 Euro. Kuhl seinerseits, der für das Land "Gondwana II" als Generalunternehmer realisierte, forderte 3,3 Millionen Euro. Begründung: Die Halle sei teurer geworden als geplant, das Land habe dies gebilligt. Schon damals sah Wirtschaftsstaatssekretär Jürgen Barke (SPD ) "keinerlei Rechtsgrund", warum sich das Land auf Verrechnungen einlassen sollte. Trotzdem schwenkte er auf eine gütliche Einigung ein. Wie Barke auf die Nichteinhaltung der Vereinbarungen reagieren wird, ist unschwer zu mutmaßen: Er wird dem IKS-Aufsichtsrat in seiner heutigen Sitzung wohl empfehlen, Zahlungsklage einzureichen.

Derweil erklärt Kuhls Anwalt Hans-Georg Warken auf SZ-Nachfrage: "Wir werden nichts unversucht lassen, eine einvernehmliche Lösung zu finden." Kuhl wolle den Standort stärken und das Konzept des "außerschulischen Lernortes" retten. Warken nimmt jedoch im Bildungsministerium eine "Distanz" dazu wahr. Vor diesem Hintergrund fragt er, "wer welchen Anteil am wirtschaftlichen Misserfolg" von Gondwana habe. Warken wörtlich: "Wenn das Land die harte Linie fährt, dann ist das Anti-Marketing nach dem Motto: Wie vertreibe ich zukünftige Investoren am besten?"

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