Raus aus dem Nauwieser Viertel

St Johann · Seit April 2009 sollten sich Menschen, die dauerhaft von Drogen wegkommen wollen, im Awo-Buchladen an die Strukturen des Arbeitsalltags gewöhnen. Das Projekt wird am 31. Januar beendet.

 Der Buchladen der Arbeiterwohlfahrt. Foto: Rolshausen

Der Buchladen der Arbeiterwohlfahrt. Foto: Rolshausen

Foto: Rolshausen

Es ist knapp vier Jahre her, da sorgte die Ankündigung der Arbeiterwohlfahrt (Awo), an der Ecke Förster-/Blumenstraße einen Buchladen zu eröffnen, für einen Aufschrei im Nauwieser Viertel. Weil der Laden für gebrauchte Bücher von Drogenkranken, die mit Hilfe von Ersatzstoffen (unter anderem Methadon) von der Droge wegzukommen versuchen, betrieben werden sollte, protestierten Ladenbesitzer und einige Bewohner lautstark. Ihre Sorge: Die Drogenszene kehrt ins Viertel zurück. Die Awo schade einem Wohn- und Geschäftsquartier, das sich positiv entwickle. Die Sorgen waren offenbar unbegründet.

Zum 31. Januar schließt die Awo nun ihren "Lese-Viertel"-Laden. Sie hat, wie ihr Sprecher Jürgen Nieser gestern mitteilte, "ihre Arbeitsprojekte für Methadonsubstituierte neu ausgerichtet". Anstatt wie bislang im "Lese-Viertel" in der Försterstraße abgelegte Bücher entgegenzunehmen, zu katalogisieren und wieder zu verkaufen, können die Menschen, die dauerhaft von der Droge loskommen wollen, die sogenannten Substituierten, künftig im Projekt Haus-Rat versuchen, ins Arbeitsleben zurückzufinden. Das Projekt organisiert Haushaltsauflösungen und Entrümpelungen. Die Teilnehmer des Projekts richten dabei Brauchbares wieder her und geben den Hausrat an Bedürftige weiter.

"Wir gehen davon aus, dass das seit 2012 bestehende Projekt Haus-Rat den Bedürfnissen der Substituierten besser entspricht", sagt Nieser. Das "niedrigschwelligere und vielseitige Beschäftigungsangebot" der Awo-Notschlafstelle in Malstatt biete "gute Chancen, sich unter Betreuung eines Anleiters allmählich wieder an die Strukturen des Arbeitsalltags zu gewöhnen, um danach möglichst auf den ersten oder zweiten Arbeitsmarkt zu gelangen".

Parallel zu dem Arbeitsprojekt bietet die Awo eine psychosoziale Begleitung für Substituierte im Regionalverband an. Hier werden derzeit rund 550 bei Ärzten registrierte Substituierte durch Fachkräfte der Awo betreut. Im "Lese-Viertel" waren zuletzt noch drei vom Jobcenter geförderte Projektteilnehmer beschäftigt.

"Wenn auch einigen die Akzeptanz anfänglich nicht leicht gefallen ist: Am Ende sind wir doch ganz gut miteinander ausgekommen", betont Nieser.

Die restlichen Bücher werden gemeinnützigen Einrichtungen kostenlos zur Verfügung gestellt. Info: Marc-Oliver Bungert, Tel. (06 81) 58 60 51 54.

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