„Puh, schon wieder Schloss“

Saarbrücken · Unbekanntes und Privates von Perspectives-Chefin Sylvie Hamard erfuhren die Zuhörer beim „Saarbrücker Sofa“ im Saarländischen Künstlerhaus.

 Wenn eine Inszenierung sie begeistert, möchte Sylvie Hamard am liebsten, dass sie die ganze Welt sieht. So kommt jetzt auch die Comédie Française mit ihrer üppigen Molière-Inszenierung zu den Perspectives. Foto: Victor

Wenn eine Inszenierung sie begeistert, möchte Sylvie Hamard am liebsten, dass sie die ganze Welt sieht. So kommt jetzt auch die Comédie Française mit ihrer üppigen Molière-Inszenierung zu den Perspectives. Foto: Victor

Foto: Victor
 Heute lebt und arbeitet Sylvie Hamard in Versailles, und ihre Kinder stöhnen, wenn sie schon wieder ins Schloss müssen. Foto: Iris Maurer

Heute lebt und arbeitet Sylvie Hamard in Versailles, und ihre Kinder stöhnen, wenn sie schon wieder ins Schloss müssen. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer
 Traumziel für Schlossliebhaber: der Spiegelsaal von Schloss Versailles. Foto: Wiemer

Traumziel für Schlossliebhaber: der Spiegelsaal von Schloss Versailles. Foto: Wiemer

Foto: Wiemer

. Von dieser Seite kennen viele Perspectives-Fans die Festivalchefin sicher noch nicht. Wer weiß zum Beispiel, dass Sylvie Hamard eigentlich Ärztin werden wollte und mal Biologie studiert hat? Dass sie als Au-pair-Mädchen nach Deutschland kam - und, dass die höchst erfolgreiche Leiterin des deutsch-französischen Theaterfestivals nicht etwa Theaterwissenschaft oder Kulturmanagement studiert hat? Sondern nach ihren Biologie- Umwegen Germanistik und interkulturelle Kommunikation?

Solche kleinen Überraschungen konnte erleben, wer am Mittwochabend den Verlockungen des ersten warmen Sommerabends dieses Jahres widerstand und statt zum Grillen zum Saarländischen Künstlerhaus kam. Hier hatte Moderator Jürgen Albers die Französin aufs "Saarbrücker Sofa" geladen. Und dabei ging es eben nicht nur um das Festival-Programm sondern auch um das Privatleben der 46-Jährigen Mutter einer zehnjährigen Tochter und eines 13-jährigen Sohnes.

Aufgewachsen ist Sylvie Hamard in einem kleinen Dorf in der Nähe von Tours . "Und immer wenn Besuch kam, standen natürlich die Schlösser der Loire auf dem Programm", erzählt sie. Für die kleine Sylvie war es also eher lästig, dass das Sehnsuchtsziel aller Schloss-Touristen quasi ums Eck lag. Heute lebt sie mit ihrem Mann, Laurent Brunner, in Versailles - und wenn die Familie Brunner-Hamard Freunde zu Besuch hat, sagt heute Sohn Gauthier: "Puh, schon wieder Schloss". Weil dann natürlich der Spiegelsaal und der legendäre Park angesteuert werden. Für Hamards Kinder ist das Schloss ohnehin so alltäglich wie für andere Kinder der Spielplatz nebenan. Denn sowohl Vater als auch Mutter arbeiten hier und gestalten unter anderem das hochkarätige Kulturprogramm in der Königlichen Oper des Schlosses, wo Weltstars wie Cecilia Bartoli gastieren.

Auch die Geschichte, wie es Hamard eigentlich nach Deutschland verschlug, war sicher für einige der - schönwetterbedingt leider wenigen - Zuhörer neu. Denn das war durchaus nicht vorgezeichnet. Im Gegenteil. "Meine beiden Großväter haben den Krieg erlebt". Mit gegensätzlichem Ergebnis: "Ein Großvater hat die Deutschen gemocht, einer hat sie gehasst". Letzterer weigerte sich später sogar zunächst, ihrem ersten Mann, einem Deutschen, die Hand zu geben.

Sylvie Hamard vermutet heute, dass es wohl dieser Kontrast war, der schon als Kind ihr Interesse an unserem Land weckte, "das hat mich neugierig gemacht". Jedenfalls machte sie sich mit gerade mal 13 Jahren alleine auf nach Köln, um eine Brieffreundin zu besuchen - "das würde ich meiner Tochter heute sicher nicht erlauben".

Dass sie letztlich in Saarbrücken landete verdanken wir dem Umstand, dass das Saarland damals als einziges Bundesland Hamards französisches Biologie-Diplom anerkannte. 1991 kam sie hierher - und ein Jahr später war sie bereits bei den Perspectives, als Praktikantin. 15 Jahre später wurde sie Chefin des zu jener Zeit am Rande der Bedeutungslosigkeit dümpelnden Festivals.

Unter Hamards Leitung wurde es zum Publikumsliebling. Was womöglich gerade daran liegt, dass sie eben keine studierte Spezialistin ist, "vielleicht habe ich dadurch einen anderen Blick". Ihr ist es wichtig, dass das Publikum sich wohlfühlt. Weil auch sie selbst vom Theater schöne Erlebnisse erwartet: "Wenn ich einen Babysitter organisiert habe, will ich auch einen schönen Abend verbringen". Und wenn das geglückt ist, wenn sie begeistert aus dem Theater kommt, "dann will ich, dass die ganze Welt dieses Stück sieht". Zu unserem Glück kann die ganze Welt in diesem Fall durchaus Saarbrücken mit dem Festival Perspectives sein.

Ein Mitschnitt der Veranstaltung läuft heute, 19.15 Uhr, auf SR2 KulturRadio.

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