Professor verliebte sich in die Schauspielerei

Saarbrücken · Geliebt hat Herbert Helken die Bühne ja schon immer. Seit er nach einem langen Berufsleben im Ruhestand ist, kann er seine Begeisterung fürs Theater erst so richtig ausleben. Er hat einen vollen Terminplan.

 Schauspieler Herbert Helken im Kostüm. Foto: Iris Maurer

Schauspieler Herbert Helken im Kostüm. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Aus dem neunten Stock seiner Wohnung genießt Herbert Helken einen weiten Blick über Saarbrücken. Doch "nur zuhause rumsitzen, ist nicht mein Ding", sagt der "über 70-jährige" pensionierte Ökonomieprofessor, der sein genaues Alter nicht nennen möchte, kopfschüttelnd. Stattdessen geht er "lieber auf Tournee". In den vergangenen vier Jahren trat er als Schauspieler bundesweit 187-mal in Kliniken, Senioren- und Mehrgenerationshäusern auf.

Sein neues Programm heißt schlicht "Der Schauspieler". Denn "ich sitze nicht an nur am Tisch und lese Gedichte und Stücke von Heinz Erhardt, Wilhelm Busch, Goethe oder Ringelnatz vor, sondern schlüpfe beim Rezitieren in die verschiedensten Rollen und trage farbenprächtige Kostüme", beschreibt er mit seiner sonoren, klaren Stimme. In seiner rotschwarzen Kladde hat er die Gedichte und Geschichten anderer Autoren ebenso notiert wie eigene Stücke - "vor allem Märchen". Sein jüngster Auftritt in einer Blieskasteler Klinik für psychisch Kranke "war ein voller Erfolg", sagt er. "Der Applaus wollte gar nicht enden." Sein Stück sei eine lose Folge von Gedichten, Geschichten, eigenen Märchen, aber auch Witzen und heiteren Episoden, die er miteinander verbindet. Sein Repertoire ist groß. "Das Zugpferd war aber schon immer Heinz Erhardt. Der ist beliebt bei Alt und Jung." Den eineinhalbstündigen Auftritt in Blieskastel "sahen etwa 20 Gäste zwischen 25 und 50 Jahren. Und sie hatten Spaß." In seinem Kalender hat er die nächsten Termine notiert. Allein dieses Jahr absolvierte er schon 14 Vorstellungen in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. In den nächsten Wochen sind die Engagements dicht gedrängt. Jeden Tag arbeitet er, feilt am Tourplan, betreibt Telefonakquise oder "so wie heute Öffentlichkeitsarbeit". Zu seinen Auftritten fährt er mit dem Auto. "Die Anreise muss bezahlt werden, auch die Übernachtung im Hotel. Ich werde zwar nicht reich damit, aber wirtschaftlich muss sich das rechnen. Ich mache das nicht nur zum Spaß."

Wer auf Achse sei, roste nicht, findet der gebürtige Bremer, der schon sein Leben lang unterwegs ist. Der studierte Ökonom unterrichtete ab 1989 als Dozent in Leipzig, ging 1994 im Auftrag der Handwerkskammer als Unternehmensberater nach Rumänien und wurde schließlich Honorarprofessor an der Lucian-Blaga-Universität von Sibiu (Hermannstadt) in Siebenbürgen. Als Ruheständler kehrte er 1997 nach Deutschland zurück. "Meine mittlerweile verstorbene Frau war Saarbrückerin und wollte zurück." Im Ruhestand besann sich Helken auf seine großen Leidenschaften: Theater und Literatur. Beides verbindet er in seinen Auftritten. Als "junger Kerl, damals ging man noch nicht zur Akademie, um sich im Schauspiel unterrichten zu lassen", nahm er zwei Jahre Privatunterricht bei einem Schauspieler. In den 1980ern gründete er das Tournee- und Kindertheater "Das neue Ensemble" und bereiste "mit selbst geschriebenen Stücken ganz Norddeutschland bis hin zur Mainlinie". Dass er heute nicht mehr Kinder, sondern meist Senioren unterhält, hält er in seinem Alter für glaubwürdiger. "Ich bin ja einer von ihnen", sagt er. "Außerdem war das eine Marktlücke. Ich denke ja immer wirtschaftlich."

Dann springt er auf, schlüpft in die knallrote Offiziersjacke und schlägt sein Büchlein auf. Bei Goethes "Erlkönig" weiten sich seine Augen, seine Stimme nimmt Tempo auf und unterstreicht den Ritt des Erlkönigs. Jetzt ist Helken in Fahrt. Bei Heinz Erhardts Parodie "Der König Erl - frei nach Johann Wolfgang von Frankfurt" strahlt sein ganzes Gesicht. Beim Abschied verrät er, dass er zweimal die Woche nicht den Aufzug, sondern die Treppen nimmt. "Um fit zu bleiben. Das ist wichtig, wenn man auf Tournee geht."

Infos bei Herbert Helken, Tel. (06 81) 6 76 54.

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