Praktikum im Nachbarland

Saarbrücken · Der Lothringer Konditor-Lehrling Bruno Steffen arbeitet in einem Saarbrücker Hotel.

 Ungewöhnliche Situation für einen Konditor-Lehrling: Bruno Steffen übt das Portionieren von Fleisch. Köchin Marie-Rose Zins leitet ihn an. Foto: Iris Maurer

Ungewöhnliche Situation für einen Konditor-Lehrling: Bruno Steffen übt das Portionieren von Fleisch. Köchin Marie-Rose Zins leitet ihn an. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Wo muss ich ansetzen, um die Scheibe Fleisch nicht zu dünn aber auch nicht zu dick zu schneiden, fragt sich Bruno Steffen und dreht sich mit unsicherem Blick zu seiner Kollegin. Fleisch zubereiten, das macht der 18-Jährige nicht so oft.

Der junge Mann aus Stiring-Wendel in Lothringen ist im zweiten Ausbildungsjahr, um Konditor zu werden. Zurzeit absolviert er ein Praktikum in der Küche des Hotels La Résidence in Saarbrücken. Hier backt er natürlich Kuchen, kocht aber auch Omelette für das Frühstücksbüffet, schneidet die Zutaten für den Obstsalat - Leerlauf gibt es nicht.

"Panna-cotta-Torten habe ich hier zum ersten Mal gelernt. Das habe ich früher noch nie probiert. Es ist nicht schwer, aber es braucht Zeit zwischen den verschiedenen Schichten", erklärt Steffen.

Und diese Zeit wird eben genutzt, um Gemüse zu schälen oder eben Fleisch zurecht zu schneiden. Die bisherigen Pflichtpraktika seiner Ausbildung hat Bruno Steffen alle in französischen Betrieben gemacht. Ausflüge nach Saarbrücken waren eher "zum Shoppen oder zum Eisessen". Auf die Idee hier zu arbeiten, kam er nach dem Besuch von Alexandra Schwarz in seiner Schule. Die Mitarbeiterin der Fachstelle für grenzüberschreitende Ausbildung (FagA) besuchte im Februar das Lycée Simon Lazard in Saargemünd, um Bruno Steffen und seine Mitschüler über die Möglichkeit des Praktikums im Nachbarland zu informieren: "Nach der Gruppeninformation haben meine Kollegin und ich mit jedem Schüler ein Einzelgespräch geführt, um die Interessen kennenzulernen, mehr über ihre Deutschkenntnisse und ihre Mobilität in der Region zu erfahren." Bruno Steffen kommt mit dem Bus zur Arbeit. Wenn er Frühschicht hat, klingelt sein Wecker bereits um 5 Uhr. "Wenn ich nachmittags arbeite, holt mich mein Vater um 21 Uhr ab."

Für ihn lohnt sich das Praktikum. In den ersten zwei Wochen hat er schon vieles gebacken: Brownies, Zitronentörchen und den Käsekuchen, den er genauso gerne isst, wie er ihn backt. "Die Arbeit ist im Grunde die gleiche wie in Frankreich, aber die Utensilien sind oft anders. Die Zitronenpresse, die man hier nutzt, kannte ich nicht", gibt er ein Beispiel. Steffen kann schon gut Deutsch, vier Stunden pro Woche lernt er die Sprache in der Berufsschule. Im Praktikum kommen noch einige Vokabeln dazu, die Azubis bekommen aber auch ein Gespür für kulturelle Unterschiede. "Das Frühstück ist in Deutschland ganz anders, herzhafter."

Fünf Wochen dauert das Pflichtpraktikum insgesamt. Schon heute merkt Bruno Steffen Fortschritte: "Ich arbeite jetzt viel schneller als am Anfang, vor allem bei Nachtischen mit vielen kleinen Arbeitsschritten wie dem Obstsalat." Er könnte sich vorstellen nach Abschluss seiner Ausbildung auch im Saarland nach einem Job zu suchen. Genau das ist das Ziel des Projekts von Alexandra Schwarz.

"Wir wollen bei den jungen Leuten eine größere Bereitschaft zu praktischen Erfahrungen im Nachbarland erreichen und ihnen aufzuzeigen, dass sie bei ihrer Arbeitssuche nach dem Abschluss die Grenzregion bei der Jobsuche miteinbeziehen können", berichtet Schwarz. Unterstützt wird das Projekt FagA von der EU über das Interreg-Förderprogramm.

"Es lohnt sich, die Unsicherheit zu überwinden", meint Steffen. "Am ersten Tag hatte ich schon Angst, aber nach ein paar Tagen habe ich gemerkt, dass es klappen wird. Das Praktikum ist ein guter Test."

Auch Hotel-Geschäftsführerin Benita Pêcheur ist mit ihm zufrieden: "Wir haben oft Praktikanten aus unterschiedlichen Ländern. Wir wissen, dass sie nicht alle Deutsch fließend können, das Wichtigste ist aber, dass sie motiviert sind und richtig mitmachen." Pêcheur selbst versucht ihrem Praktikanten, den Aufenthalt abwechslungsreich zu gestalten, damit er viel Neues lernt.

"Nächste Woche steht bei uns ein größeres Event mit Finger Food an, da wird Bruno auch eingesetzt." Für ihn eine Premiere, denn solche Aufträge gab es in den reinen Konditoreien, wo er bisher arbeitete, nicht. Bis zu dieser nächsten Herausforderung hat er ein paar Tage Zeit. Doch heute geht es erstmal weiter an den Panna cotta, die nächste Schicht wartet.

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