Plötzlich schrillt der Rock des Krieges

Völklingen · Seit zehn Jahren laden Jugendliche aus dem Warndt, aus Völklingen und aus Lothringen zum „Europäischen Konzert der Saar- und Moselle-Schüler“ ein. Dieses Mal demonstrierten sie auf der Bühne, wie tiefe Einschnitte ein Krieg mit sich bringt.

 So tief, wie der Krieg in den Alltag greift, so dicht waren beim „Europäischen Konzert der Saar- und Moselle-Schüler“ am Donnerstagabend die Völklinger Zuschauer am Geschehen auf der Bühne. Foto: Ruppenthal

So tief, wie der Krieg in den Alltag greift, so dicht waren beim „Europäischen Konzert der Saar- und Moselle-Schüler“ am Donnerstagabend die Völklinger Zuschauer am Geschehen auf der Bühne. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

Wie aus Freunden Feinde werden - oder auch nicht - das erzählen derzeit Gymnasiasten aus Metz, Forbach und Lothringen im Konzert der Gymnasien der Saar- und Moselle-Schüler mit dem Titel "L'Heure Exquise - 1914 - Im Walzertakt".

Jean und Johann heißen die beiden Helden. Letzteren stellt eine Schülerin des Warndt-Gymnasiums den 500 Zuschauern in der ausverkauften Gebläsehalle des Weltkulturerbes Völklinger Hütte als ihren "Ur-Ur-Opa" vor, der am 1. August 1914 seinen 18. Geburtstag feiert - gemeinsam mit Deutschen und Franzosen, die sich auf die Aufführung von Franz Léhars Operette "Die lustige Witwe" im Theater freuen.

Mit ihrer Fiedel spielt Sophiechen die Hauptmelodie, die sich wie ein roter Faden durch die Operette zieht. Plötzlich verändern Kirchenglocken die Stimmung. "La Guerre" heißt es, "Krieg". "Sind wir plötzlich Feinde?", fragt Johann seinen Kumpel Jean. Keiner will es wahrhaben, doch die Veränderungen sind nicht aufzuhalten. Der Theaterdirektor will die Aufführung jetzt zum Abschiedsgeschenk für die Soldaten machen, die in den Krieg ziehen müssen. Sopranistin Alba de Paris, eine Französin, will daraufhin nicht singen, tut dies dann aber in Französisch. "Skandal, die Diva singt Französisch", empört sich ein Zuschauer. Jetzt wandelt sich auch die Musik, die Klassik des Friedens weicht dem bizarren Rock des Krieges. Die liebliche Operettenmelodie geht im schrillen Gitarrenklang unter.

Knapp drei Wochen später kommt es, wie es kommen muss: Jean und Johann stehen einander auf dem Schlachtfeld gegenüber, ein gemeinsamer französischer Fußballkamerad stirbt dramatisch. Die beiden weigern sich, aufeinander zu schießen, werden aber von anderen Soldaten fast gleichzeitig schwer verwundet. Sie überleben, haben aber alle Lebensfreude verloren, wie die Ur-UrEnkelinnen berichten.

Mit tosendem Applaus bedankte sich anschließend das Publikum bei den über 250 Akteuren. Kein Wunder, gingen doch die gut anderthalb Stunden zuvor sehr unter die Haut. Inzwischen sind die Feinde von damals längst Freunde geworden. "Forbach und Völklingen verbindet seit 50 Jahren eine Jumelage, eine Städtepartnerschaft", betonte Völklingens Bürgermeister Wolfgang Bintz (CDU) vor dem Auftakt.

Das Stück wird noch einmal aufgeführt, und zwar an diesem Samstag, 20 Uhr, im Centre d'Animation Culturelle in Forbach.

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