Perspectives zum Mittanzen Spiel mit Akrobatik in Reinform

Saarbrücken · Nach zartem Pop zum Auftakt kam das Musikprogramm im Festivalclub mit leidenschaftlichen und tanzbaren Klängen am Samstag richtig in Fahrt. Am Mittwoch geht es weiter.Zum dritten Mal ist die Gruppe Un loup pour l'homme Gast bei den Perspectives. Worum es bei ihrer Akrobatik ohne Firlefanz und große Effekte geht, erläutern die Gründer im Gespräch.

Saarbrücken. Ein Festivalclub ist kein Rennauto. Meist kommt er erst langsam in Fahrt. Auch auf Partys stehen die Gäste ja oft erst lange dumm herum, bevor Stimmung aufkommt. Es sei denn, man hat eine Musik-Band engagiert, die gleich in die Vollen geht. So eine ist Eléphant aber nicht. Das Pop-Duo von zierlicher Statur, das am Freitag den Perspectives-Club eröffnete, soll in Frankreich schwer im Kommen sein. Mit ihrem ersten Mini-Album "Rien" in diesem Januar sollen Lisa, von Hause aus Schauspielerin, und der Musiker François für "frischen Wind" in der französischen Musikszene gesorgt haben. In der - spärlich gefüllten - Buswerkstatt hörte sich das aber eher nach einem lauwarmen Sommerlüftchen an. Lisa hauchte mit elfengleichem Stimmchen nette, eingängige Melodien. François gab stimmlich den rauchig-tiefen Konterpart und sorgte an der Gitarre für den gewissen Groove, der zum Mitwippen einlädt. Garniert mit Xylophon, Geige, Trommel und Tambourin, wirkten ihre Songs nicht unraffiniert, aber auf Dauer doch recht ähnlich. Eine Cellistin verlieh dem verträumt über dem Erdboden schwebenden Pop ein paar tiefgründige Momente. Lisa und François verhaspelten sich vor Nervosität schon mal. Warum wollten sie bei ihrem ersten Auslandsauftritt auch unbedingt auf Englisch radebrechen? Dass sie in Saarbrücken in ihrer Muttersprache gut ankommen, hatten die fünf Jungs von La Mathilde am Samstag dagegen recht schnell kapiert. Mit kraftvollem Gitarrenrock, in den sich Punk, Ska oder Reggae mischen, begeistert diese Band aus Fontainebleau vom Typus jung und rebellisch ihr Publikum. Dazu lässt Julien leidenschaftlich das Saxophon röhren, und wenn Elliot zum Akkordeon greift, wird's unverkennbar à la française. Elliots ausdrucksstarke Stimme ähnelt verblüffend der von Renaud. Der Sänger und Texter der Truppe sprechsingt seine Worte guinessrekordverdächtig schnell. Weil La Mathilde überraschende rhythmische Wechsel lieben, wird es nie langweilig. Die Zuschauer, die die Buswerkstatt am Samstag endlich prall füllten, tanzten von Anfang an mit. An diesem zweiten Abend kam sogar der nachfolgende DJ besser an. Die nächsten beiden Konzerte im Festivalclub sind eher zum Zuhören, am Wochenende ist wieder Mittanzen angesagt.Termine: 30. Mai, 20.30 Uhr, französischer Pop mit Aldebert, 31. Mai, 20 Uhr, Bistrot Musique mit Moziimo und Liedermacher Roger Stein.

Saarbrücken. "Auf einer Bühne, die wie ein Boxring mitten im Publikum steht, aufzutreten, ist anstrengend", sagt Frédéric Arsenault und wischt sich noch ein paar Schweißtropfen von der der Stirn. Denn wenn man von allen Seiten beobachtet wird, könne man nicht tricksen, nichts vortäuschen. Gerade darum geht es den vier Akrobaten von Un loup pour l'homme, die schon zum dritten Mal beim Festival Perspectives gastieren: Ehrlichkeit, kein Firlefanz, keine Zaubermaschinen und großen Effekte. Den Frankokanadier Arsenault und den Franzosen Alexandre Fray, die Gründer und Leiter der Zirkus-Compagnie, faszinieren die Akrobatik in Reinform, die Arbeit mit dem Körper. "Das, was zwischen einem Träger und einem Flieger passiert", präzisiert er. "Diese Beziehung ist sehr intensiv, sie hat mit Vertrauen zu tun, mit Risikobereitschaft." Dass sie Anstrengung meiden, kann man den Beiden, die sich für ihr neues Stück zwei Gleichgesinnte gesucht haben, nicht nachsagen. Wenn sie in "Face Nord" wie Bergsteiger übereinanderklettern und sich gegenseitig auf die Gelenke treten, drehen sich so manche Zuschauer mit schmerzverzerrtem Gesicht weg. Da muss Arsenault schmunzeln. Alles eine Frage der Technik. "Unsere Regel Nummer eins ist, den Partner und sich selbst nicht zu verletzen, es tut nicht weh, es zieht nur manchmal ein wenig." Die Vier improvisieren viel. "Wir legen nicht fest, dass ich über drei Rücken steige und dann stürze, wir bestimmen eher Regeln als eine Bewegungschoreografie", erklärt Arsenault. Spiele wie kleine Jungs sie spielen, das Scheitern, die Stürze seien wichtig. "Wir sind keine Weltmeister, wir wollen nicht zeigen, dass wir etwas beherrschen, sondern dass wir etwas versuchen und bauen uns extra Hindernisse ein", erläutert der Künstler. sbu

Nächste Vorstellung von "Face Nord" heute, 19.30 Uhr, im Zirkuszelt auf dem Tbilisser Platz.

 Loup pour l'homme: Frédéric Arsenault, Mika Lafforgue (unten), Sergi Parés und Alexandre Fray (von links). Foto: Oliver Dietze

Loup pour l'homme: Frédéric Arsenault, Mika Lafforgue (unten), Sergi Parés und Alexandre Fray (von links). Foto: Oliver Dietze

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