Per Smartphone schnell nach Brasilien

Saarbrücken · Es ist noch nicht so lange, dass auch ich solch ein Zauber-Ding namens Smartphone mein Eigen nenne. Sehr lange habe ich mich dem Fortschritt verweigert und meinem alten Handy die Treue gehalten. Bis ein jäher Sturz unsere jahrelange Beziehung abrupt beendete.

Seit einem guten Jahr gehöre ich nun also "dazu" - auch wenn alle Menschen unter 20 das wohl bestreiten würden. Denn ich nutze vielleicht zehn Prozent der Möglichkeiten meines Mini-Computers - und auch die nur, weil mir der geduldige Teenager daheim hin und wieder gnädig eine neue App installiert und erklärt, wie ich sie zu nutzen habe.

Ich nenne das Teil ja auch beharrlich weiterhin Telefon, obwohl eigentlich außer mir kein Mensch damit telefoniert. Man simst und mailt und skypt und vor allem: man whats Appt. Letzteres kostet nix und birgt wahre Wunder, die auch ich nun nicht mehr missen möchte. Zum Beispiel bin ich seit drei Wochen täglich, stündlich, minütlich in Brasilien. Warum? Ein lieber Mensch, mit dem mich eine sogenannte Whats App-Gruppe verbindet, ist dort reisend unterwegs. Egal, wo ich gerade bin, ich bin jetzt immer auch ein bisschen in Salvador, Brasilia und Rio de Janeiro. Minütlich kommen Fotos - von Naturschönheiten, von Hotelzimmern, vom leckeren Frühstück und vom noch leckereren Abendessen , vom heimischen Guide und vom unheimlich schönen Strand. Dazu schickt er hin und wieder eine Sound-Datei, damit wir auch die Straßengeräusche und die Samba-Band von Salvador de Bahia live mithören können. Es ist faszinierend. Ich sitze in Saarbrücken an meinem Schreibtisch und wandere gleichzeitig mit durch die Diamantenberge von Lencois. Oder ich liege mit in der Hängematte bei angenehmen 28 Grad, während mir hier in Saarbrücken gerade die Nasenspitze abfriert.

Kurz gesagt: Ich bin zum totalen Smartphone-Fan geworden. Nicht, weil ich da jederzeit und ständig irgendwelche Filmchen schauen oder permanent im Internet surfen kann. Das ist nicht so mein Ding. Das fasziniert ja leider eher die Kids und tut ihnen oft gar nicht gut. Aber ich finde die Möglichkeit, mit Menschen, die mir nahestehen, aber geografisch fern sind, ihr Leben zu teilen, einfach großartig. Es gibt Leute in meiner Familie, die sehe ich leider viel zu selten. Aber dank der neuen kleinen Online-Welt bin ich immer auf dem Laufenden, was sie gerade so machen. In Echtzeit. Ich weiß, dass die Tante in München jetzt gerade in den Biergarten geht und der Schwager in Köln am Rhein entlangjoggt. Dafür nehme ich sie mit in den wunderschönen Saarbrücker Herbstwald und zeige ihnen unseren kleinen Hund, der glücklich wedelnd durchs Laub stromert. Oder ich mache ihnen die Nase lang mit dem tollen Kuchen, den unsere Tochter frisch gebacken hat. Das Einzige, was jetzt noch fehlt, ist, dass ich allen ein Stück davon per Smartphone schicken könnte. Aber das kommt sicher auch noch. Für diese unglaublich saftig aussehenden Papayas vom Frühstücks-Büfett in Rio hätte ich so eine Technologie jedenfalls ganz gern schon gehabt.

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