„Patin“ macht herzkranker Seniorin das Leben leichter

Saarbrücken · Ein Forschungsprojekt der Hochschule für Technik und Wirtschaft stellt älteren Menschen nach dem Krankenhausaufenthalt drei Monate ehrenamtliche Paten zur Seite. Es soll helfen, soziale Isolierung zu vermeiden.

An die Frage, die ihr eine fürsorgliche Mitarbeiterin des Caritas-Klinikums St. Theresia im April stellte, kann sich Patientin Ruth Stamm (77) noch gut erinnern: "Gibt es zuhause jemanden, der sich nach der Entlassung um Sie kümmert?" Stamm beantwortete die Frage mit "Nein". Denn die herzkranke Seniorin lebt allein. Vor 17 Jahren starb ihr Mann. Das einzige Familienmitglied, ihr Sohn, wohnt weit entfernt. "Aber ich hab' Glück, dass ich viele gute Freunde habe. Doch die will man nicht immer mit seinen Problemen belämmern. Die meisten sind berufstätig, haben Familie und genug um die Ohren." Als ihr die Klinikmitarbeiterin vom Forschungsprojekt "PLUS-P" (Poststationäre Laienunterstützung für Patienten), erzählt, das an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) umgesetzt wird, wird Stamm hellhörig.

Das Projekt, das seit dem 1. Januar in sechs Kliniken des Saarlandes und der angrenzenden Pfalz angelaufen ist, stellt älteren Patienten nach dem Krankenhausaufenthalt drei Monate einen ehrenamtlichen Paten zur Seite, der zuhause einmal die Woche vorbeikommt und den Alltag ein wenig erleichtert. "Bei uns", sagt die 77-Jährige und blickt fröhlich zu ihrer PLUS-P-Patin Ramona Ludwig (56), "hat die Wellenlänge gleich gestimmt."

Die 56-Jährige kennt sich mit ehrenamtlicher Arbeit bei Patienten aus: Seit über zwei Jahren ist die ehemalige Hotelbesitzerin bei der Caritas-Klinik als "Grüne Dame" im Besuchsdienst tätig; für die PLUS-P-Patenschaft hat sie zusätzlich einen zweitägigen Kurs belegt. "Ich liebe Menschen. Deswegen war ich auch im Hotelfach tätig. Nach meiner Selbstständigkeit musste ich Ersatz schaffen", sagt sie lachend, "die ehrenamtliche Arbeit füllt mich sehr aus, weil man ganz viel zurückbekommt."

Seit April besucht sie "einmal die Woche für zwei, drei Stunden" die Rentnerin zuhause. "Wir gehen spazieren, gemeinsam einkaufen, ich begleite sie zum Arzt, unterstütze sie beim Papierkram, oder wir unterhalten uns einfach", so Ludwig. Mit der 77-Jährigen verbindet sie heute eine Freundschaft.

Medizinisch-pflegerische Arbeiten gehören nicht in den Aufgabenbereich der PLUS-P-Paten: "Wir sind keine Konkurrenz zu den Pflegediensten, bieten keine Dienstleistung an. Wir wenden uns mit dem Projekt nur an ältere Menschen, die keine Pflegestufe haben", betont Projektleiter Prof. Dr. Thomas Altenhöner, "aber die älteren Menschen bekommen soziale Unterstützung von ihren Paten. Ihr Bewegungsradius vergrößert sich, weil sie gemeinsam Ausflüge machen, mal rauskommen aus der Wohnung."

Die Idee hinter dem Projekt sei schlicht die Erkenntnis gewesen, dass bei älteren Menschen, die allein leben, das Risiko besteht, dass sie sich isolieren und sie oftmals wenig am gesellschaftlichen Leben teilhaben. In Deutschland leben laut dem Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) mehr als 7,5 Millionen Menschen über 65 Jahren in einem eigenen Haushalt, 5,25 Millionen sind wie Stamm älter als 75 Jahre.

"Viele Senioren verfügen nicht über ein tragfähiges, soziales Netzwerk. Da besteht die Gefahr, dass sie nach einem Krankenhausaufenthalt, wenn sie sich körperlich nicht fit fühlen, viel zuhause herumsitzen. Aber soziale Kontakte sind - wissenschaftlich nachgewiesen - wichtig für die Gesundheit und vermutlich auch für die Genesung ", so Altenhöner. "Derzeit", fasst die wissenschaftliche Mitarbeiterin Mirjam Philipp zusammen, "haben wir 14 geschulte Paten in Saarbrücken. Insgesamt sind 31 Paten zwischen 40 und 75 Jahren, manche sind berufstätig, andere in Rente oder in Kinderzeit, im Projekt ehrenamtlich engagiert. Wir bekommen auch von den anderen Paten und Senioren ein gutes Feedback." Bis 2014 läuft das Forschungsprojekt. Ziel ist es, dass Kliniken solche Patenschaften ins Entlassungsmanagement aufnehmen.

Das Projekt-Team sucht noch ehrenamtliche Paten. Ansprechpartnerin: Mirjam Philippi, Telefon (06 81) 5 86 73 80.

plusp.org

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