Patientenberatung abgespeckt

Saarbrücken · Die Unabhängige Patientenberatung im Saarland war seit Jahresanfang nur telefonisch erreichbar. Am 1. April wird ein Büro in Saarbrücken eröffnet: Ein Berater steht an zwei Wochentagen je vier Stunden parat.

 Habe ich meine Ärztin richtig verstanden? Habe ich das Recht auf eine Zweitmeinung? Fragen wie diese beantwortet die Unabhängige Patientenberatung. Foto: Wüstenhagen/dpa

Habe ich meine Ärztin richtig verstanden? Habe ich das Recht auf eine Zweitmeinung? Fragen wie diese beantwortet die Unabhängige Patientenberatung. Foto: Wüstenhagen/dpa

Foto: Wüstenhagen/dpa

. Saar-Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU ) könnten in diesen Tagen möglicherweise doch noch leise Zweifel beschleichen, ob ihr Lob für die Neuordnung der Unabhängigen Patientenberatung im vergangenen Jahr angemessen war. Bachmann hatte gelobt, dass der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und der Bundespatientenbeauftragte Karl-Josef Laumann (CDU ) die bisherige Struktur der Unabhängigen Patientenberatung auch im Saarland zerschlug. Seit 2001 gaben in Saarbrücken vier Experten Rat in kniffligen Fragen, etwa wenn es um Streit mit den Kassen oder Ärzten ging. Der Sozialverband VdK und die Verbraucherzentrale Saarland waren die Träger der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) im Saarland, hatten diese aufgebaut und professionialisiert. So waren VdK-Geschäftsführer Peter Springborn und Verbraucherzentralenchef Jürgen Zimper auch sauer, als sie die Beratungsaufgabe verloren.

Seit Jahresanfang verantwortet die Sanvartis GmbH in Duisburg die UPD als gemeinnützige GmbH in ganz Deutschland. Sanvartis gehört zur Düsseldorfer Vendus-Gruppe, die nach eigenen Angaben "der größte Unternehmensverbund im Bereich Gesundheitskommunikation in Deutschland" ist. Bachmann hatte betont, die Landesregierung bezweifele nicht, dass der neue Träger die für die Patienten notwendige Beratung leisten werde.

Ende Dezember 2015 musste das UPD-Büro in der Dudweiler Straße in Saarbrücken schließen, vier Experten verloren ihre Jobs. Seit Anfang 2016 können knapp eine Million potentielle Patienten im Saarland lediglich telefonisch um unabhängige Ratschläge bitten. Wie die Berliner UPD-Sprecherin Sandra Krämer der SZ auf Anfrage mitteilte, seien seitdem bei der Unabhängigen Patientenberatung 150 Fragen zu medizinischen und sozialrechtlichen Fragen aus dem Saarland eingegangen. Zum Vergleich: Die frühere UPD hatte jährlich 3000 Patienten beraten - also ein eklatanter Rückgang beim neuen Anbieter? Krämer erklärte, dass die Erfassung der Beratungsanliegen anonymisiert erfolge. "Lediglich die ersten zwei Ziffern der Postleitzahl werden abgefragt, allerdings ist die Angabe freiwillig", so Krämer. Da Ratsuchenden aber auch die Möglichkeit einer gänzlich anonymen Beratung angeboten werde, sei die genaue Zahl der Anfragen aus dem Saarland nicht zu nennen. "Insgesamt haben wir seit Anfang des Jahres über 19 000 Ratsuchende aus ganz Deutschland beraten", betonte die UPD-Sprecherin.

Am 1. April werde eine UPD-Beratungsstelle in der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe im Saarland (Kiss), Futterstr. 27 in Saarbrücken , eröffnet. Nach Terminvereinbarung unter der kostenfreien Nummer (08 00) 0 11 77 25 stehe jeweils dienstags und mittwochs von 9 bis 13 Uhr ein Berater zur Verfügung. Vor Jahresfrist standen vier Berater an vier Wochentagen 16 Stunden persönlich parat. "Bei speziellen Fragen können jederzeit Experten aus der Beratungszentrale in Berlin per Video-Telefonie hinzugeschaltet werden", sagte Krämer.

Meinung:

Guter Rat ist eben teuer

Von SZ-RedakteurDietmar Klostermann

Es ist kaum vorstellbar, dass die Zahl der Patienten, die im Saarland einen unabhängigen Rat in Auseinandersetzungen mit Kassen, Kliniken, Ärzten, Apotheken oder Pflegeeinrichtungen suchen, im Vergleich zum Vorjahr derart abgenommen hat. Die neue UPD gGmbH war bisher nur telefonisch auf Draht. Ab 1. April wird sich ein leibhaftiger Berater um die Anliegen von einer knappen Million Saarländer kümmern. Wer darin einen Rückschritt gegenüber der vom Kassen-Verband und der CDU /SPD-Bundesregierung aufgegebenen Beratungsstruktur sieht, hat recht. Der persönliche Rat eines Saar-Experten ist vielen Betroffenen mehr wert als ein anonymer Video-Ratgeber aus Berlin. Doch die Geldgeber der UPD, die Krankenkassen, entscheiden darüber, wer ihre Kritiker berät. Da liegt der Fehler - im System. Die Patienten bleiben Manövriermasse.

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