Parteien versprechen Hilfe für Behinderte

Saarbrücken · Der Saarbrücker Behindertenbeirat hatte Vertreter der Parteien eingeladen, um ihnen vor der Wahl ihre Angebote für Menschen mit Behinderungen zu entlocken. Die Ankündigungen klangen vielversprechend, es gab aber auch Kritik.

Man stelle sich vor, lud Thomas Brass zu einem Gedankenspiel ein, das Saarbrücker städtische Kino "Filmhaus" hätte keine Treppe. Alle Besucher müssten in den Vorführsaal hochklettern. Unvorstellbar! Nach einer Woche wäre wohl eine Treppe da. Und die Rollstuhlfahrer? Ihnen bringt selbst die Treppe nichts. Sie brauchen einen Fahrstuhl. Den gibt es aber nicht. Das Haus bleibt für sie unerreichbar. Für diese Menschen, war Brass mit seiner Geschichte schon fertig, werde allerdings nicht gehandelt - und das bezeichne ihre gesamte Situation in Saarbrücken: Man erkenne die Probleme der Behinderten, es mangele aber am Willen, sie aus der Welt zu schaffen.

Bessere Kommunikation

Der Saarbrücker Behindertenbeirat hatte am Montag zu einer Sondersitzung geladen, um von den kommunalpolitisch aktiven Parteien zu erfahren, was sie für Behinderte im Programm haben. Thomas Brass, 53, Saarbrücker Stadtratskandidat der Piratenpartei, wirkte auf die Mitglieder und die zwei Dutzend Zuhörer besonders glaubwürdig - denn er ist blind. Auch für die Alternative für Deutschland (AfD) saß ein Behinderter im Podium: Mirko Welsch. Er kritisierte, dass die rot-rot-grüne Ratsmehrheit in den vergangenen Jahren die UN-Konvention, die Behinderten die selbstständige Teilhabe am öffentlichen Leben in Aussicht stellt, nicht umgesetzt habe.

Alle neun zu Wort kommenden Parteien boten dem Gremium Hilfe an und versprachen eine bessere Kommunikation (Bettina Renz-Skohoutil, SPD) beziehungsweise mehr Engagement, auch bei Kleinigkeiten. Mustafa Akin (Saarland für Alle) schlug vor, Gastro-Genehmigungen nur noch für Lokale mit Behindertentoiletten zu vergeben. Edith Eckert (CDU) sprach sich dafür aus, bei Gebäuderenovierungen die Barrierefreiheit ("sie ist für jeden von Vorteil") über den Denkmalschutz zu stellen. Claudia Willger (Grüne) und Lothar Schnitzler (Linke) bekannten sich zu der UN-Behindertenkonvention als verbindliches Rechtswerk, das nicht zur politischen Debatte und unter Kostenvorbehalten stehen dürfe.

Renate Theobald (Freie Wähler) rechnete vor, dass es in Saarbrücken drei mal mehr Behinderte gebe als Radfahrer - und forderte als Konsequenz einen hauptamtlichen Behindertenbeauftragten für die Stadt. Es müsse Schluss mit dem ständigen Ärger sein, dass bei öffentlichen Vorhaben einfachste Hilfen für Behinderte nicht bedacht würden.

Der Umbau des Rathauses Brebach machte gerüchteweise als aktuelles Negativbeispiel die Runde im Saal. Karsten Krämer, FDP, sagte: "In die Stadtverwaltung muss mehr Zug rein zum inklusiven Denken".

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