Ohne Info zur Hüfte kein Geld fürs Taxi
Saarbrücken/Püttlingen. Zu einer bestimmten Sorte künstlicher Hüftgelenke hatte deren Hersteller, das Kirkeler Unternehmen DePuy, im August 2010 eine Rückrufaktion gestartet, da der Metallabrieb bei diesen "ASR-Hüftsystemen" zu hoch sein kann (wir berichteten)
Saarbrücken/Püttlingen. Zu einer bestimmten Sorte künstlicher Hüftgelenke hatte deren Hersteller, das Kirkeler Unternehmen DePuy, im August 2010 eine Rückrufaktion gestartet, da der Metallabrieb bei diesen "ASR-Hüftsystemen" zu hoch sein kann (wir berichteten). Patienten, denen bereits eine Prothese implantiert wurde, kommen jährlich zur Blutuntersuchung in die Püttlinger Knappschaftsklinik. Im Auftrag von DePuy (gesprochen: Depju) kümmert sich der Schadensabwickler Broadspire by Crawford um Forderungen von Patienten, so auch um die Fahrtkosten.Eine Patientin aus dem Raum Saarbrücken wandte sich nun an die Saarbrücker Zeitung: Noch für das Jahr 2010, schildert sie, seien die Fahrtkosten nach Püttlingen ohne Probleme beglichen worden, doch für die Abrechnung der Fahrtkosten 2011 habe Broadspire gefordert, dass die Patientin ein "Schweigepflichtentbindungs-Formular" unterzeichnen solle. Damit könnten der Schadensabwickler und DePuy Zugang zu allen medizinischen Daten der Patientin im Knappschaftskrankenhaus erlangen. Die Patientin fragt sich nun, wieso sie für eine simple Fahrtkostenabrechnung ein derart weitreichendes Zugeständnis machen soll.
Schon mehrere Beschwerden
Eine Nachfrage in der Knappschaftsklinik ergab, dass sich mehrere Patienten über den gleichen Sachverhalt beschwert haben. Wir baten DePuy um eine Stellungnahme. Das Unternehmen übermittelte eine Stellungnahme des Mutterkonzerns "Johnson & Johnson", eines weltweit tätigen US-amerikanischen Pharmazie- und Konsumgüterherstellers mit etwa 120 000 Mitarbeitern, der DePuy 1998 aufgekauft hatte.
Die ausführliche Stellungnahme geht allerdings, auch nach einer zweiten Anfrage, nur recht allgemein auf die Frage ein, warum das Krankenhaus wegen einer Fahrtkostenabrechnung von seiner Schweigepflicht entbunden werden soll. So heißt es: "DePuy hat sich bereiterklärt, für Patienten, die in Verbindung mit dem ASR-Rückruf behandelt werden müssen, die Kosten für alle notwendigen Tests, Behandlungen sowie für den eventuell erforderlichen Revisionseingriff in angemessener und üblicher Höhe zu erstatten", Schadensabwickler Crawford sei beauftragt, rückrufbedingte Kosten wie Eigenbeteiligung, Einkommensausfall und Reisekosten zu übernehmen. Das Kostenerstattungs-Programm von Crawford nutze "standardisierte und in der Praxis erprobte Abläufe", die es einfach machen sollen, Ansprüche geltend zu machen.
Mit deutschem Recht vereinbar
Ein Patient sei nicht verpflichtet, eine Einverständniserklärung zu unterschreiben. Auch ohne unterschriebenes Formular wolle man "dennoch weiter versuchen, seinen Anspruch auf Erstattung geltend zu machen". Doch sofort wird nachgeschoben: "Wir bedauern jedoch, dass wir ohne Zugang zu den entsprechenden medizinischen Informationen wahrscheinlich nicht in der Lage sein werden, die Ansprüche auf Kostenerstattung und eine rasche Lösung der Forderung zu berücksichtigen." Das Kostenerstattungsprogramm für Rückruf-Aufwendungen der ASR-Patienten habe sich "etabliert", zudem habe DePuy Informationen und Unterstützung für Chirurgen zur Verfügung gestellt.
In der zweiten Stellungnahme heißt es dann noch, das Vorgehen von Crawford sei mit dem deutschen Recht vereinbar und die effektivste Art, das Erstattungsverfahren zu handhaben, "aus dem einzigen Grund ASR-Patienten zu unterstützen". Man könne Patienten nicht ohne deren persönliche Daten entschädigen, das beinhalte auch medizinische Informationen, "um sicherzustellen, dass der Patient ein ASR-Hüftsystem implantiert hat." Die persönlichen Daten seien aber durch das deutsche Recht geschützt und würden ausschließlich zur Entschädigung der Patienten genutzt.
Auf einen Blick
Infos von DePuy für ASR-Patienten: www.asrrecall.depuy.com , oder unter der Hotline (08 00) 5 89 26 12. mr