Noch viel Arbeit bis zum großen AuftrittStaatstheater feierte am Sonntag die Eröffnung der Saison

Saarbrücken. "Achtung!", warnt Peter Michael Bartosch, reckt den Arm mit der Pistole in die Höhe und drückt ab. Der Knall klingt irgendwie harmlos, nach Platzpatrone. "Das war eine neun Millimeter", erklärt der Leiter der Requisite und greift zu einem größeren Kaliber

Saarbrücken. "Achtung!", warnt Peter Michael Bartosch, reckt den Arm mit der Pistole in die Höhe und drückt ab. Der Knall klingt irgendwie harmlos, nach Platzpatrone. "Das war eine neun Millimeter", erklärt der Leiter der Requisite und greift zu einem größeren Kaliber. Bei "Achtung" stecken sich wieder alle Umstehenden im großen Bühnensaal des Staatstheaters die Finger in die Ohren. Und haben gut daran getan. Denn diesmal knallt es richtig laut.Für Regisseur Martin Nimz offenbar laut genug, denn Bartosch packt seine Sachen und geht ab. Seit Wochen studiert Gastregisseur Nimz mit dem Staatstheater-Ensemble und zwei Gastschauspielern Ödön von Horvaths "Geschichten aus dem Wienerwald" ein. Am 7. September ist die Premiere. Zum ersten Mal probt man an diesem Donnerstag die gesamte Abfolge der Szenen auf der großen, noch leeren Bühne.

Von Waffen ist da erst mal keine Spur zu sehen, im Gegenteil. Eher idyllisch beginnt das 1931 uraufgeführte Stück des österreichisch-ungarischen Dramatikers, auch in Nimz' Inszenierung: mit Walzerklängen von Johann Strauß. Bei dieser Probe kommen sie noch vom Band. Später werde das Staatsorchester mitten auf der Bühne sitzen und live spielen, erklärt Dramaturg Holger Schröder. Die Darsteller müssen über eine Art Laufsteg mitten hindurch, um sich zur Rampe zu bewegen. Dorthin schlurft jetzt Saskia Petzold, unterm Arm eine Zither, setzt sich auf den Boden und zupft ein paar Walzertakte. Petzold spielt die Großmutter, Gabriela Krestan, obgleich die Ältere von beiden, die Mutter von Alfred, einer zentralen Figur des Stücks. "Die Großmutter haben wir ganz bewusst so jung besetzt, es hängt mit ihrer besonderen Beziehung zu Alfred zusammen", verrät Schröder. Alfred, erfährt man schon bei dessen erstem Auftritt, hat seinen Bank-Job geschmissen und macht krumme Geschäfte mit Pferdewetten. Ausgerechnet in ihn verguckt sich Marianne (Dorothea Lata) zwei Szenen später am Strand der blauen Donau, wo ihr Vater, der herrische greise "Zauberkönig", die Tochter mit dem soliden Fleischergesellen Oskar verloben will. Den "Zauberkönig" gibt der Schweriner Schauspieler Horst Rehberg (73), bekannt geworden als Werner in Andreas Dresens Film "Wolke 9".

Mit dem zierlichen Benjamin Bieber hat Nimz auch den jungen Metzger eher untypisch besetzt. Bullig wirkt neben ihm Alfred, verkörpert von dem Berliner Gastschauspieler Marko Dyrlich, der sich mit Marianne alias Lata nun in wilder Leidenschaft auf der Bühne wälzt.

Bald darauf fallen auch der Zauberkönig und Alfreds bisherige Geliebte (Nina Schopka) übereinander her, bevor diese dann lieber doch dem strammen, schießfreudigen Nazi-Studenten Erich den Vorzug gibt.

Mariannes Ausbruch bringe die ganze Gesellschaft um sie herum ins Trudeln, doch die werde sie mit Macht wieder hineinzwängen in ihren geregelten Lauf, erläutert Regisseur Nimz, wie es weitergeht. Auf Nimz wartet noch viel Arbeit. "Die erste Bühnenprobe zeigt meistens erst mal, wo es überall Probleme gibt", sagt er.Saarbrücken. Mit einem rauschenden Theaterfest eröffnete das Saarländische Staatstheater (SST) am Sonntag, elf Uhr, die neue Spielzeit. Im und um das Staatstheater gab es ein vielfältiges Programm.

Oper, Schauspiel, Ballett und Konzert öffneten ihre Türen und machten Lust auf die neue Theatersaison. So standen Matineen zu allen Eröffnungspremieren am Anfang des Tages: "Geschichten aus demWienerwald", "Die Entführung aus dem Serail", "Der Goldene Drache" und "Herz der Finsternis", gefolgt von einem unterhaltsamen "Streifzug durch den Spielplan" mit Generalintendantin Dagmar Schlingmann, Ballettdirektorin Marguerite Donlon, Operndirektorin Brigitte Heusinger und Chefdramaturgin Ursula Thinnes auf der Hauptbühne im SST.

Weiter ging es mit öffentlichen Ballettproben, der Sparte-4-Kultveranstaltung "Direktmusik", einer Technik-Show, einer Horror-Lesung mit SST-Schauspielern, viel Kinderprogramm und Führungen hinter die Kulissen des Staatstheaters. Auch die heiß begehrte Kostümversteigerung gab es wieder sowie einen Stoff- und Perückenverkauf. Zusätzlich wurden Notenmaterial und Bücher aus den Schatzkisten des Theaters angeboten.

Die Schlagzeugformation Percussion under Construction spielte Auszüge aus ihrem neuesten Programm, und am Abend beschloss das Promenadenkonzert mit dem Saarländischen Staatsorchester, Solisten des Opernensembles und dem Opernchor und Kinderchor des SST auf dem Tbilisser Platz den Tag. red

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