Niemand hat mehr Angst vor Gespenst „Großstadt“

Saarbrücken · 40 Jahre nach der Gründung des Regionalverbandes, der früher Stadtverband hieß, ist von der ursprünglichen Idee, aus zehn Kommunen eine große zu machen, nichts mehr übrig. Der Widerstand gegen ein übermächtiges Saarbrücken scheint zu groß.

 Das Schlossgespenst bietet viele Führungen für Kinder an. Foto: Regionalverband

Das Schlossgespenst bietet viele Führungen für Kinder an. Foto: Regionalverband

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 Die Ex-Stadtverbandspräsidenten stehend von links Werner Klumpp, Karl-Heinz Trautmann, Klaus Maria Heinemann und sitzend von links Walter Henn und Franz-Ludwig Triem. Foto: Kiefer

Die Ex-Stadtverbandspräsidenten stehend von links Werner Klumpp, Karl-Heinz Trautmann, Klaus Maria Heinemann und sitzend von links Walter Henn und Franz-Ludwig Triem. Foto: Kiefer

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Das Saarbrücker Schloss kennt jeder, aber was macht eigentlich der Regionalverband, der dort seinen Sitz hat? Und was ist aus der Idee geworden, alle zehn Kommunen zu einer großen Verwaltungseinheit zu verschmelzen? Darüber hat die SZ mit einigen der früheren Verwaltungschefs und Amtsinhaber Peter Gillo gesprochen. Ergebnis: Keiner von ihnen glaubt, dass aus der Fusions-Idee noch etwas wird. Die "Großstadt" sollte entstehen, weil schon 1974 eine Länderneugliederung drohte und Saarbrücken möglichst stark werden sollte. Der erste Stadtverbandspräsident Werner Klumpp (FDP) erklärt im Rückblick, die Kommunen mit CDU-Bürgermeistern hätten nach der Gebietsreform 1974 die "Integration" torpediert, weil er mit der SPD ein Bündnis eingegangen sei. Klumpp ist sehr skeptisch, ob vier Jahrzehnte später die zehn Kommunen doch noch zu einer verschmolzen werden. "Die Gemeinden brauchen so viel Freiheit wie möglich und so viel Zentralität wie nötig", meint das FDP-Urgestein.

Karl-Heinz Trautmann (SPD), Verwaltungschef von 1992 bis 1998, hält von einer großen Lösung nichts. Die Kommunen im Umland müssten ihre Identität behalten. Trautmann plädiert aber für mehr Zusammenarbeit, weil der Zwang zum Sparen immer größer werde. Hier müsse die Landesregierung Anreize schaffen. In die gleiche Kerbe haut Ulf Huppert (FDP), den die Landesregierung nach der Verwaltungsreform 2008 bis zur Wahl des Regionalverbandsdirektors zum Übergangs-Verwaltungschef machte. Als Vorbild für eine engere Zusammenarbeit der Kommunen sieht er die Stadt Sulzbach und die Gemeinde Quierschied. So habe Quierschied sein Hallenbad geschlossen und habe noch ein Freibad, während Sulzbach sein Freibad schloss und nur noch das Hallenbad öffne. Ulf Huppert: "Diese Kooperation ist sinnvoll." Doch der Widerstand gegen die Fusion sei bei den Kommunen zu groß, glaubt er.

Michael Burkert (SPD) war neun Jahre lang Stadtverbandspräsident, ehe er im Zuge der Verwaltungsreform auf den Posten eines Saartoto-Geschäftsführers wechselte. Burkert: "Ich kann nicht sehen, wie eine Großstadt die Finanzsituation verbessert. Die Stadt Saarbrücken sieht immer noch nicht den Wert des Regionalverbandes. Denn die Umlandgemeinden beteiligen sich an den hohen Sozialkosten." Die Aufgabenverteilung müssten Landesregierung und Regionalverband aber überprüfen. Burkert plädiert dafür, dass die Kommunen stärker zusammenarbeiten: "Da ist noch Luft nach oben." Während Huppert aber dafür ist, die Zahl der Landkreise von fünf auf drei zu senken, lehnt Burkert auch das ab. Selbst der Gutachter Joachim Jens Hesse, auf den die Verwaltungsreform 2008 zurückgeht, habe das verworfen.

Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD) erklärt, die "Großstadt"-Idee sei schon lange passé. Dagegen gebe es große verfassungsrechtliche Bedenken, wo denn die Entscheidungen fallen. Auch Gillo ist für mehr Zusammenarbeit, vor allem bei der wichtigen Frage, wie der Aufwand für Pflege und Betreuung der steigenden Zahl von Senioren bewältigt werden soll.

> Weiterer Bericht:

Mit einem Festakt feiert der Regionalverband am Dienstag seinen Geburtstag. Am 29. Juni lädt die Verwaltung zum Tag der offenen Tür ein.

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