Nichts fürs Poesiealbum
Das Poesiealbum war mein Feind. Ich habe immer versucht, in Deckung zu gehen, wenn jemand versuchte, mir so ein Ding in die Hand zu drücken.
"Ein Häuschen aus Rosen, von Nelken die Tür, der Riegel von Veilchen, so wünsch ich es Dir." Bei solchen Sätzen brach mir der kalte Schweiß aus. Und was sollte ich da reinschreiben auf die Seite nach dem "Drei Engel mögen dich begleiten in deiner ganzen Lebenszeit; und die drei Engel, die ich meine, sind: Frohsinn, Glück, Zufriedenheit"-Eintrag?
Die Antwort auf diese Frage ist mir in diesen Tagen wieder eingefallen. "Weniger ist mehr" habe ich in die Poesiealben geschrieben, denen ich unmöglich aus dem Weg gehen konnte. Und weil das auch heute noch ein wahrer Satz ist, wird es Zeit, "Danke!" zu sagen. Und zwar den Parteien, die gerade im Wahlkampf sind.
Ihre Plakate sind zwar nicht besser, nicht witziger, nicht aussagekräftiger als bei der letzten Wahl - aber es sind weniger. Mehr als 200 Plakate durfte keine der 16 Parteien, die zur Kommunal- und/oder Europawahl antreten, im Saarbrücker Stadtgebiet aufhängen. Erst wenn eine Marke des Ordnungsamts auf einem Plakat klebt, es also gezählt war, durfte es aufgehängt werden.
Viele Parteien haben aber offenbar nicht mal ihr 200er-Kontingent ausgeschöpft. Was auch daran liegen kann, dass die Botschaften eh verwechselbar sind. Oder wüssten Sie auf Anhieb welche Partei "Weitblick und Durchblick" verspricht? Welche "Erfolgreich für Saarbrücken" plakatiert? Welche "Besser leben in Saarbrücken" in Aussicht stellt? Welche "Gemeinsam für eine bessere Zukunft" arbeiten will?
Fürs Poesiealbum taugen die Sprüche wohl alle nicht. Aber auf einen Satz von Loriot bin ich gestoßen, der passt ganz gut ans Ende dieses Wahlkampfs:
"Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen."