„Nicht viel mehr als ein Freundeskreis“

Saarbrücken · Seit Anfang 2013 sorgen die Jungs und Mädels des „Haifischblut Collectives“ in der Saarbrücker Konzertszene für Abwechslung. SZ-Mitarbeiter Tobias Ebelshäuser hat Philipp Nehren, Alex Koch und Mira Schmitt getroffen, um mit ihnen über den Traum vom eigenen „Haifischbecken“ zu sprechen. Die Fragen stellte SZ-Mitarbeiter Tobias Ebelshäuser.

 Philipp Nehren, Alex Koch und Mira Schmitt (von links) lassen im Ubu Roi das Konzert vom Vorabend Revue passieren.

Philipp Nehren, Alex Koch und Mira Schmitt (von links) lassen im Ubu Roi das Konzert vom Vorabend Revue passieren.

Foto: Tobias Ebelshäuser

Euch gibt es ja bereits seit drei Jahren. Seid Ihr noch dieselben Leute im Kollektiv?

Alex Koch: Ganz zu Beginn waren wir nur drei Leute, zwei davon wohnen jetzt in Bonn. Kurz darauf waren wir bereits zehn, davon sind jetzt nur noch drei oder vier hier. Aber wir haben vor ein paar Monaten eine Ausschreibung bei Facebook gemacht, jetzt sind wir so 15 bis 16 Leute.

Das klingt, als wäret ihr ein ziemlich loses Kollektiv, ohne allzu große Verpflichtungen.

Philipp Nehren: Also, wenn du nichts bringst, schauen dich die anderen schon böse an (lacht). Die Leute müssen schon bei der Organisation helfen und nicht nur für das kostenlose Bier kommen. Aber wir haben keinen festen Verein, wo die Leute Beiträge oder so zahlen müssten.

Mira Schmitt: Aber einen Verein wollen wir jetzt gründen.

Einen Verein?

Alex: Eigentlich wollen wir das bereits seit längerer Zeit machen. Die Planungen dafür wurden aber erst konkreter in den letzten paar Monaten.

Philipp: Man kann sagen, vorher waren wir eigentlich nicht viel mehr als ein Freundeskreis , der ein bisschen Geld zusammengeworfen hat, um Konzerte zu veranstalten.

Was hat euren Freundeskreis denn dazu bewegt, eigene Konzerte zu veranstalten?

Alex: Es gab einfach zu wenig, das uns angesprochen hat in Saarbrücken. Es waren immer nur überall die gleichen Bands, und die waren auch noch sauteuer. Da hatten wir keinen Bock drauf.

Und da habt Ihr Euch dazu entschlossen, das zukünftig selbst in die Hand zu nehmen?

Philipp: Es gibt einfach so ein riesiges Spektrum an ganz kleinen Bands, die zwar richtig gut sind, aber für die der Kleine Klub in Saarbrücken einfach schon zu groß ist, weil sie nicht die Aufmerksamkeit haben oder zu speziell sind. Klar kann der Kleine Klub nicht jedes einzelne Genre bedienen, aber neben denen gab es einfach keinen, der das übernehmen konnte. St. Ingbert, Neunkirchen und Saarlouis hatten alle so eine "Underground"-Konzertszene, aber Saarbrücken eben nicht.

Bis ihr dann schließlich gekommen seid.

Alex: Ja, das war dann einfach angenehmer, dass auf unseren Shows nicht überall Security-Personal rumsteht, und dass der Preis viel niedriger ist.

Mira: Und dass man sich die Bands aussuchen kann, die man selbst gerne hört.

Ihr seid dann also auch direkt an euren Lieblingsbands dran?

Phillip: Ja, dann kommt's schon mal vor, dass man eine Band aus den USA bucht, weil sie gerade in Europa auf Tour ist, und die gehen dann mit dir nach der Show ein Bier trinken. Die sind dankbar, weil sie hier eine Show spielen können, und du bist dankbar, weil du mit deinen Lieblingsbands abhängst.

Und wie reagieren die Bands auf eure "Freundeskreis "- Art?

Alex: Also, die Bands sind eigentlich immer ziemlich dankbar. Wir geben uns auch immer viel Mühe, machen denen immer was Leckeres zu Essen . . .

Ihr kocht auch selbst für die Bands?

Alex: Ja, das machen wir alles selbst.

Philipp: Am Anfang merkt man den Bands, wenn wir sie anfragen, schon oft ein wenig Skepsis an. Die schreiben dann in ihren Anforderungen, dass sie ein Hotelzimmer und Büfett wollen, Schokoriegel, aber nur Snickers und kein Mars, und so weiter. Sowas können wir den Bands natürlich nicht bieten.

Wie reagieren die Bands darauf?

Alex: Oft ist das ganz okay. Also den Bands ist das eigentlich egal, ob sie jetzt ein selbst gekochtes Essen von uns bekommen und Obst und Müsliriegel dazu, oder ein riesiges Büfett aufgetischt bekommen.

Philipp: Also ich glaube, bisher hat sich noch keine Band nachher bei uns beschwert. Die waren alle immer total zufrieden.

Und wo übernachten die Bands, wenn ihr kein Hotelzimmer organisiert?

Alex: Immer bei jemandem aus unserer Gruppe.

Philipp: Am schlimmsten war das bei unserem ersten Festival. Da spielten fünf oder sechs Bands, da war in jeder Wohnung irgendein Bandmitglied.

Ihr habt vom Kleinen Klub gesprochen. Seht Ihr die dortigen Veranstalter als Konkurrenz an?

Alex: Quatsch, überhaupt nicht.

Philipp: Wir sehen uns eher als die, die versuchen, die Mitte zwischen "amateurhaften Schülerbands" und den etablierteren Bands, also die, die im Kleinen Klub und der Garage auftreten, abzudecken.

Wo veranstaltet Ihr denn Eure Shows? Wie findet Ihr eine passende Location?

Philipp: Wir haben so zwei, drei Locations, wo wir immer wieder anfragen. So ein Veranstaltungsort, wie wir uns ihn wünschen würden, mit dem ausreichenden Platz und der richtigen Anlage direkt vor Ort, können wir uns aber leider nicht leisten bisher.

Im Gespräch mit der SZ 2013 habt ihr davon gesprochen, eventuell einen Leerstand in der Stadt als Euren eigenen Veranstaltungsort nutzen zu wollen. Was ist daraus geworden?

Alex: Bisher leider nichts. Damals sprangen uns kurz darauf ein paar Leute ab, und nur mit fünf Leuten sowas zu organisieren, ist nicht möglich. Doch mit den neuen Mitgliedern bin ich eigentlich recht zuversichtlich, dass das in Zukunft klappen kann. Wenn wir aber einen finden, dann nennen wir ihn "Haifischbecken".

Philipp: Deswegen wollen wir jetzt auch einen Verein gründen, da wir dann eine andere Basis haben, einen Leerstand zu suchen. Dann wird man auch eher wahrgenommen.

Was ändert sich für Euch dann als Veranstalter, wenn Ihr ein eingetragener Verein seid?

Alex: Keiner von uns haftet dann mehr mit seinem Privatvermögen. Bisher unterzeichne die Verträge alle ich als Privatperson, und wenn dann was passiert, dann hab' ich Pech gehabt.

Ist das dann nicht schon ein Schritt weg vom "Underground", hin zum richtigen Konzertveranstalter?

Mira: Wir wollen das auch weiterhin non-kommerziell betreiben und klein bleiben.

Philipp: So schön und gut es auch ist, das Ganze als "Underground" und "Punk" anzugehen, wenn man weiß, dass man als Privatperson für alles haftet, nervt das schon ziemlich.

Zum Thema:

Hintergrund Anfang 2013 von einer Gruppe Studenten gegründet und nach einem Getränk aus Wodka und Chili-Soße benannt, hat das Haifischblut Collective nach eigenen Angaben mittlerweile rund 50 Konzerte in Saarbrücken veranstaltet. Ihr bisher größter Coup gelang ihnen im April dieses Jahres mit einer ausverkauften Show der international erfolgreichen, russischen Band Motorama im Theaterschiff. teb Alle Informationen zu vergangenen und zukünftigen Shows finden Sie auf der Facebook-Seite des Kollektivs: facebook.com/haifischblutcollective

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