Nicht „prächtig“, aber solide

Saarbrücken · Franz Josef Schumann steht seit 2008 dem mitgliedsstärksten Sportfachverband im Saarland vor, dem Saarländischen Fußball-Verband (SFV). Mit SZ-Mitarbeiter Sebastian Zenner sprach der SFV-Präsident unter anderem über gesunkene Hemmschwellen beim Umgang mit Schiedsrichtern.

 Präsident Franz Josef Schumann ist überzeugt vom Talent-Sichtungssystem des Saarländischen Fußball-Verbands. Fotos: oliver Dietze

Präsident Franz Josef Schumann ist überzeugt vom Talent-Sichtungssystem des Saarländischen Fußball-Verbands. Fotos: oliver Dietze

Nach 24 Jahren wurde Deutschland zum vierten Mal Weltmeister. Was erhoffen Sie sich vom Titel?

Als 2011 die Frauen-Weltmeisterschaft in Deutschland ausgetragen wurde, hatte ich mir diesbezüglich mehr erhofft. Ich glaube, dass wir einen richtigen Zulauf bei den Mädchen gehabt hätten, wenn die deutsche Mannschaft den Titel gewonnen hätte. Bei der männlichen Jugend ist das ungleich schwieriger, weil ohnehin schon viele in Fußball-Vereinen spielen. Nichtsdestotrotz haben Spiele wie das 7:1 im Halbfinale gegen Brasilien viele Menschen weltweit vom Hocker gerissen. Es gibt bestimmt viele junge Leute, die bei so einem Ereignis gerne dabei sein würden und alles dafür geben, Nationalspieler zu werden.

Gerade in den vergangenen Jahren haben Talente aus dem Saarland wie Patrick Herrmann oder Philipp Wollscheid den Sprung auf die große Fußball-Bühne geschafft. Wie erklären Sie sich das?

Wir sind sehr stolz, dass wir in den U-Nationalmannschaften des Deutschen Fußball-Bunds vertreten sind. Gemessen an der Bevölkerungszahl sind wir sogar der erfolgreichste Landesverband - insbesondere durch die Eliteschule des Fußballs bei den Mädchen. Wir haben ein sehr gutes Sichtungssystem. Und ich bin mir sicher, dass bei uns kein Talent mehr durch das Netz fällt.

Was dem Saarland fehlt, ist ein Nachwuchs-Leistungszentrum (NLZ), um das sich die Regionalligisten SV Elversberg und 1. FC Saarbrücken bemühen.

Ich hoffe noch stark, dass wir in naher Zukunft eines bekommen werden. Erst dann können wir auch eine Eliteschule des Fußballs im männlichen Bereich in die Wege leiten. Gleich nach meinem Amtsantritt waren wir schon einmal fast soweit. Ich hatte vor, dazu eine Junioren-Fördergemeinschaft zu gründen. Alle in Frage kommenden Vereine waren bereit, mitzumachen. Allerdings hatte sich der 1. FC Saarbrücken dann in dieser Frage selbst gut aufgestellt, und ich war der Meinung, dass zwei NLZ keinen Sinn machten. Leider hat sich die Angelegenheit in den letzten Monaten nicht so entwickelt, wie ich es erhofft hatte.

Wie sehen Sie allgemein die Entwicklung zu mehr Konkurrenz im Jugendbereich - durch die höherklassigen Vereine, aber auch durch die Junioren-Fördergemeinschaften (JFG)?

Ich würde es nicht für gut heißen, wenn größere Vereine schon D-Jugendliche abwerben. Zumal die Kinder in diesem Alter die nötige Förderung an den Stützpunkten bekommen. Alles in allem belebt Konkurrenz natürlich das Geschäft. Was ich nicht so gut finde, ist die Entwicklung mancher JFG, die drei, vier Mannschaften melden wollen. Diese Lösung war eigentlich dazu gedacht, dass die besten Spieler der beteiligten Vereine in einer Regionalliga spielen können. Und nicht dazu, dass die JFGs alle Spieler aus dem Umfeld abgrasen.

Zum Fußball gehören Schiedsrichter. Hier betont der SFV immer wieder den Mangel an Nachwuchs. Wie ernst ist das Problem?

Wir haben immer noch über 1000 Schiedsrichter in unserem Verband und sind damit im Vergleich zu anderen sehr gut aufgestellt. Allerdings geht die Anzahl der Kandidaten drastisch zurück. Außerdem haben wir ein Problem mit jungen, ausgebildeten Schiedsrichtern, die nach relativ kurzer Zeit die Lust verlieren. Sie fangen im Jugendbereich an. Und da wird im Umfeld eines Spiels schon ein verbales Engagement an den Tag gelegt, bei dem auch die Schiedsrichter nicht geschont werden. Viele junge Schiedsrichter sind dann noch nicht ausgereift genug, dies wegzustecken und sagen sich: "Das muss ich mir nicht antun." Es ist schon so, dass manche Leute den Schiedsrichtern nicht den nötigen Respekt entgegenbringen. Sollte die Entwicklung so weitergehen, werden wir nicht mehr alle Spiele so mit Schiedsrichtern besetzen können, wie es heute noch der Fall ist.

Passend dazu läuft die SFV-Kampagne "Gewalt hat keine Klasse". Warum ist so etwas heutzutage nötig?

Ich finde, dass sich leider insgesamt in unserer Gesellschaft einiges zum Negativen verändert hat. Die Hemmschwelle für Beleidigungen ist gesunken, und das spüren wir. Fußball ist ein Volkssport. Und von daher bekommt man diese Entwicklung auch auf dem Fußball-Platz hautnah mit. Deshalb versuchen wir, mit den Kampagnen zu sensibilisieren, und gerade "Gewalt hat keine Klasse" kam gut an. Wir appellieren auch an die Vernünftigen, die nicht den Mund halten sollen, wenn jemand im Umkreis verbal ausfällig wird. Bei aller Emotion muss es Grenzen geben.

Wie steht es um die finanziellen Möglichkeiten Ihres Verbands?

Wir können jetzt nicht sagen, dass es uns prächtig geht. Aber wir können unseren Spielbetrieb finanzieren, und das ist zufrieden stellend. Ich war vor meiner Zeit als Präsident auch schon einmal Schatzmeister. Da kam es zwei Mal vor, dass wir jahresbezogen keinen ausgeglichenen Haushalt hatten. Wir konnten das durch Rücklagen ausgleichen, aber das kann man nicht beliebig oft wiederholen.

Wie zufrieden sind Sie mit der infrastrukturellen Situation angesichts zahlreicher Kunstrasenprojekte in den vergangenen Jahren?

Hier sind wir sehr zufrieden. Die Sportplanungskommission hat uns dabei sehr geholfen. Die allermeisten Vereine, die es rechtzeitig angegangen sind, haben mittlerweile ein grünes Spielfeld, also einen Natur- oder Kunstrasen.

Warum sollten sich jüngere oder ältere Menschen für Ihre Sportart entscheiden?

Fußball ist die Sportart, die am besten dazu geeignet ist, alle zu integrieren. Egal, welcher Herkunft, welcher Hautfarbe oder welcher sexueller Orientierung. Beim Fußball ist jeder gern gesehen. Außerdem ist der Fußball als Mannschaftssport pädagogisch wertvoll.

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