„Nicht einfach zurück zu G 9“

Saarbrücken · Bildungsminister Ulrich Commerçon hat gestern Abend versucht, etwa 180 Schulleitern ihre Befürchtungen zu nehmen. Das Abi in neun Jahren an Gymnasien solle nur „wohlüberlegt“ gewählt werden können.

 Ulrich Commerçon will die Änderungen an Gymnasien „nicht von heute auf morgen“. Foto: O. Dietze

Ulrich Commerçon will die Änderungen an Gymnasien „nicht von heute auf morgen“. Foto: O. Dietze

Foto: O. Dietze

Der fünfte Schulleiterempfang von Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD ) in seinem Hause hat gestern unter dem Eindruck der SPD-Ankündigung gestanden, Gymnasien eine Rückkehr zum Abitur in neun Jahren ermöglichen zu wollen. Heiko Staub, der Schulleiter des KBBZ Neunkirchen, sagte der SZ: "Wir von den beruflichen Schulen halten davon überhaupt nichts. Wir bieten an den beruflichen Schulen schon seit eh und je G 9 an. Das weiß nur keiner. Diese dritte Säule (neben Gymnasien und Gemeinschaftsschulen , d. Red.) gibt es. An neun Berufsbildungszentren kann man inzwischen Abitur machen." Auch von der SZ befragte Leiter von Gemeinschaftsschulen schüttelten ihre Köpfe und klagten darüber, dass Commerçon und die SPD den Gemeinschaftsschulen mit der G 9-Öffnung an Gymnasien in den Rücken falle.

Commerçon, am historischen Holzpult aus dem Pingusson-Bau stehend, im Rücken die Plakatwand mit der Botschaft "Mehr Kinder. Mehr Lehrer. Mehr Zukunft. Gemeinsam geht Bildung besser.", sah sich einer recht reserviert wirkenden Schulleiterschar gegenüber, viele die Arme abwehrend verschränkt. Die Befürchtungen, die in der Lehrerschaft umgehen, kennt der Minister gut. Aber erst zum Ende seiner gut 30-minütigen Ansprache kam Commerçon darauf zu sprechen. Es gehe um ein "Abitur im eigenen Takt". Dazu zähle auch die Wahlfreiheit zwischen acht und neun Jahren am Gymnasium, "wenn dies nun mal auch der starke Wunsch einiger ist", sagte der Sozialdemokrat. Und mancher mochte an dieser Stelle fast einen gewissen Widerwillen heraushören. "Eine Befürchtung kann ich Ihnen nehmen: Das wird selbstverständlich im Rahmen von Schulentwicklungs-Konzepten geschehen müssen, wohlüberlegt und nicht von heute auf morgen", betonte Commerçon. "Wir kehren auch nicht einfach zum G 9 zurück, sondern wollen unser Schulsystem behutsam weiterentwickeln", fügte er hinzu. Man dürfe sich nicht wegducken davor. Die Darstellung, dass künftig den Schulkonferenzen der G 8-Gymnasien die Entscheidung über eine Rückkehr zu G 9 überlassen werde, sei eine "leicht verkürzte Darstellung", so Commerçon. Er beklagte zudem die Schelte seitens eines Boulevardblatts "mit vier Buchstaben", das ihn als "Wendehals" in Sachen G 9 bezeichnet hatte. "Das tut schon ein bisschen weh", bekannte der SPD-Bildungsminister.

Und dann gab er sich doch noch einmal kämpferisch. "Viel wichtiger" sei ihm die Anpassung der gymnasialen Oberstufe. Die Festlegung auf Deutsch, Mathematik und eine Fremdsprache habe dazu geführt, dass viele Schüler ohne ein tieferes Grundlagenwissen in den Fächern der Naturwissenschaften an die Unis entlassen würden, was dort vehement beklagt werde. Deshalb habe er ein Reform-Konzept im Ministerrat der CDU /SPD-Koalition vorgelegt, um wieder eine größere Wahlfreiheit in der Oberstufe zu ermöglichen. "Da besteht großer Handlungsbedarf", erklärte Commerçon. Doch "bedauerlicherweise" habe der Koalitionspartner CDU sein Konzept abgelehnt. Er werde aber nicht locker lassen. So wie Fehler bei G 8 gemacht worden seien, müssten auch bei der Oberstufe Fehler eingestanden und korrigiert werden. Am Ende rief er den Schulleitern zu, dass sie weiter die Aufgabe wahrnehmen sollten, Schülern Haltung zu vermitteln. Denn das Jahr 2017 werde für die Demokratie ein entscheidendes Jahr. Dafür gab es einen freundlichen Abschluss-Applaus.

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