Nicholas Milton, der Entertainer: Ein Saarbrücker „Wunschkonzert“

Saarbrücken · Bruch, Lalo, Mendelssohn oder Mozart? Beim „Großen Wunschkonzert“ im Saarländischen Staatstheater am Sonntag hatte das Publikum die Wahl. Es entschied sich für Altbewährtes.

Unter vier Ouvertüren durfte das Publikum beim Wunschkonzert des Saarländischen Staatstheaters wählen, und es entschied sich nicht für die Meistersinger, nicht für den Freischütz, sondern für leichte Kost: die diebische Elster von Rossini. Ähnlich beim übrigen Programm: Beim Violinkonzert lag Mendelssohn weit vor Mozart, bei den Sinfonien die populäre Fünfte von Beethoven vor der schwerblütigen Ersten von Brahms. Da zeigten sich die Grenzen derartiger Abstimmungen - sie verhindern eben unbequeme Programme, womöglich mit zeitgenössischem Anteil.

Doch wie Nicholas Milton diese demokratisch ermittelten Ergebnisse servierte! Er sei selber gespannt, und das Orchester habe bis vier Uhr morgens geprobt, flunkerte er, ohne zu erröten. Er ist der geborene Entertainer. Jeder Satz ein Lacher, jede Geste am richtigen Platz, der "running gag" von den selbstgebackenen Brezeln kam erneut an, und selbst der kleine Junge mit dem riesengroßen Briefumschlag fehlte nicht. So vergnüglich war das alles, dass man kleine Wackler beim Rossini gern überhörte.

Dann Mendelssohns e-moll-Violinkonzert, gespielt von Wolfgang Mertes. Was es heißt, den Platz im Orchester plötzlich mit dem des Solisten zu vertauschen, wissen nur Insider. So wirkte der erste Satz noch verhalten, der zweite blühte, und im Finale brillierte Mertes mit einem Spiccato-Feuerwerk, auf das er noch eine Wieniawski-Zugabe draufsetzte.

Nach der Pause dann Beethovens Fünfte. Selbst wenn man das romantische Brimborium um die angebliche "Schicksalssinfonie" beiseitelässt und ältere Interpretationen wie die von Furtwängler zu vergessen sucht, so durfte man von Miltons Darstellung enttäuscht sein. Grundtendenz war ein ständiges Vorandrängen, das im Kopfsatz die Wucht des Hauptthemas verminderte und den Fermaten in der Partitur wenig Atem gönnte. Auch das Andante-Thema erlaubte keine Nachdenklichkeit, und der dramaturgische Bogen, der im Scherzo über die fortschreitende Skelettierung des Klangs und den unheimlichen Trugschluss in den erlösenden C-Dur-Triumph führt, wurde nicht zwingend deutlich. Der reiche Beifall zeigte, dass das Publikum dies anders empfand.

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