Neues Weltkulturerbe: Kneippen

Saarbrücken · Die Kneippianer jubeln, denn die deutsche Unesco-Kommission hat das „Kneippen als traditionelles Wissen und Praxis nach der Lehre Sebastian Kneipps“ in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Kneippen steht nun auf einer Stufe mit Errungenschaften wie Genossenschaftsidee, Falknerei, Orgelbau, rheinischem Karneval und Brotbäckerei. Auch an der Saar sucht die Gesundheitslehre des Pfarrers und Heilers Kneipp (1821 bis 1897) nach modernen Ausdrucksformen, wie Andrea Pielen im Gespräch mit SZ-Redakteur Peter Wagner berichtet. Die 64-jährige Sportlehrerin aus Saarbrücken ist Vorsitzende des Kneipp-Bundes Saar.

Frau Pielen, was ist der Kern der Lehre von Kneipp?

Pielen: Das ist der ganzheitliche Ansatz: Gesundheit ist eine Sache von Körper, Geist und Seele. Die Lehre basiert auf den fünf Säulen Wasser, Ernährung, Bewegung, Heilkräuter und Balance.

Und davon hat jeder was?

Pielen: Wer Selbsterfahrungen mit Kneipp gemacht hat, der bleibt dabei. Allein schon, weil viele einfache Mittel den Weg zum Arzt überflüssig machen. Kaltwasseranwendungen beugen Grippe vor. Wer nach dem Marathonlauf oder einer Schicht in stehenden Berufen Kniegüsse macht, erholt sich rascher. Kneipp-Anhänger wissen, dass man mit Spitzwegerich Husten und Wespenstiche behandelt. Wer seine innere Balance findet, kann Stress besser bewältigen und schön entspannen. Der Pharmaindustrie passt vieles davon nicht. Aber uns.

Wenn Kneipp noch lebte, würde er das alles heute noch propagieren?

Pielen: Absolut. Er eckte schon zu seiner Zeit überall für seine Überzeugungen an, sagte den Leuten auf den Kopf zu, dass sie sich krank essen. Ärzte sahen ihn deshalb als missliebigen Konkurrenten.

Was bedeutet die Aufnahme in die Weltkulturerbe-Liste für die Bewegung an der Saar?

Pielen: Wir erhoffen uns durch diese Wertschätzung einen weiteren Schub, vor allem was die Gewinnung junger Leute angeht. Entgegen dem Bundestrend sind an der Saar die Mitgliederzahlen steigend. Wir haben 21 000 Mitglieder in 59 Vereinen, in denen das Wissen vermittelt und angewendet wird. Es gibt hier 30 Wassertretanlagen.

Der Kneipp-Bund ist im Landessportverband organisiert. Warum?

Pielen: Das lag nahe, weil Prävention, Gesundheitserziehung und Breitensport zu unseren Aufgaben zählen. Wir sind der viertgrößte Mitgliedsverband nach Fußball, Turnen und Tennis.

Wie wollen sie noch mehr Jugendliche begeistern?

Pielen: Durch moderne Angebote wie "Energy-Dance" oder "Indian Balance". Unsere Kommunikation über die neue Webseite wird gehaltvoller. Kneipp hält auch Einzug in Kitas, die sich in den nächsten Jahren zertifizieren lassen, das heißt Sebastian Kneipps Lehre wird in die tägliche Arbeit einbezogen: angefangen bei Ernährung, Wasseranwendungen bis hin zu Kinderyoga.

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