Narren fordern Kohle vom Staat
Saarbrücken · Gejuxt, gelacht, geklatscht wurde viel beim traditionellen Narrenempfang gestern in der Staatskanzlei. Allerdings brachte VSK-Präsident Strauß auch handfeste Probleme zur Sprache.
In den Händen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) ist offenbar die ominöse CD mit einem Verzeichnis von Steuersündern gelandet, welche der Verband Saarländischer Karnevalsvereine (VSK) der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer vor vier Jahren beim traditionellen Neujahrsempfang des VSK in der Saarbrücker Staatskanzlei geschenkt hatte. Das offenbarte die Landesmutter gestern beim traditionellen Karnevalistenempfang zum Jahresbeginn in der Staatskanzlei.
Der neue VSK-Präsident Hans-Werner Strauß rief in Erinnerung, dass die Karnevalisten darum gebeten hätten, einen beträchtlichen Teil der durch die CD eingenommenen Steuern ins Brauchtum Karneval fließen zu lassen. Strauß: "Der Rechenschaftsbericht darüber steht noch aus, kurz: Mir hann nix kritt." Den 14. Oktober 2016 bezeichnete der oberste Karnevalist als wichtigen Tag, weil in seinen frühen Morgenstunden der neue Länderfinanzausgleich seinen Durchbruch erlebte. Den Kommentar der Ministerpräsidentin dazu fasste er ebenso kurz zusammen: "Jetzt hann mer Luft." Zeit also, an die Zuwendungen zu erinnern. Und zwar mit einem riesigen Füllhorn, das wie Strauß meinte, auf dem Schreibtisch der obersten Saarländerin seinen Platz finden müsse - eben um täglich zu erinnern.
Wie das Geld aus dem Länderfinanzausgleich - stolze 500 Millionen - einzusetzen ist, haben die Karnevalisten bereits ausbaldowert: in regionale karnevalistische Förderzentren. Karneval auf den Stundenplänen sämtlicher Schulen: je elf Unterrichtsstunden pro Monat und schulfrei zu den tollen Tagen. Wichtigster Posten aber: Die Regierung soll jedem Karnevalsverein ein Kompetenzteam zur Seite stellen, um die durch Gesetze, Auflagen und Verordnungen auferlegten Aufgaben erfüllen zu können. Finanzen, Hygiene-, Versammlungsstätten- und Brandschutzverordnung - das und vieles mehr sollen Ehrenamtliche so bewältigen, wie es Profis machen würden. Denn Strauß weiß: "Das bringt viele Vereine an den Rand ihrer Existenz." Für seinen Auftritt, der dringliche Probleme im humoristischen Zerrspiegel aufzeigte, erntete Strauß viel Applaus.
Das Kompetenzteam kostet laut Strauß mehr als 79 Millionen, er hatte alle Posten sogar auf den Cent genau errechnet. "Wie sie merken, weist unser Plan eine Unterdeckung von exakt elf Euro und elf Cent auf, diesen Betrag wollen wir selbstverständlich nicht schuldig bleiben." Deshalb gab es neben dem Füllhorn einen Barscheck über 11,11 Euro.
Kramp-Karrenbauer sah sich so genötigt, das Geheimnis um die Finanzausgleichsverhandlungen und die Steuer-CD zu lüften. Außerdem freute sie sich, erstmals einen Bundeskarnevals-Präsidenten beim Empfang begrüßen zu können: Klaus-Ludwig Feß, vor einem Jahr noch Präsident des VSK.
