Nächtliches Treiben im Großstadtgarten

Saarbrücken · Der Festivalclub der Perspectives präsentiert nicht nur Konzerte aktueller Bands, sondern auch wieder eine einzigartige nächtliche Landschaft.

 Märchenhaft sehen die Windräder im Koloss aus. Das finden auch die frühen Besucherinnen Lotte und Luise (v.l.), die für den Fotografen durch die rosa Propeller schlendern. Fotos: Oliver dietze

Märchenhaft sehen die Windräder im Koloss aus. Das finden auch die frühen Besucherinnen Lotte und Luise (v.l.), die für den Fotografen durch die rosa Propeller schlendern. Fotos: Oliver dietze

Zum Theater kommen die Besucher meist pünktlich, zu Partys lieber später. Das gilt offenbar auch für den Perspectives-Festivalclub am Römerkastell. So kletterte die Band L'homme parle am Freitag eine halbe Stunde später als geplant auf die Bühne. Machte aber nichts, denn so blieb den frühen Gästen noch ausreichend Zeit, das verwinkelte Partygelände, das das "C'est dur la culture"-Team für die beginnende Saison wieder neu dekoriert hatte, in Ruhe zu erkunden. In der nach oben offenen Fabrikhalle namens Koloss etwa schaffen diesmal hunderte von kleinen Windrädern an langen Schnüren, in buntes Licht getaucht, eine geradezu meditative Stimmung. Mit einer aus grobem Holz gezimmerten Rakete in den Büschen daneben will man womöglich signalisieren, dass man hier in der Festivalwoche musikalisch so einige Knaller zünden wird.

Bei L'homme parle allerdings hatte wohl irgendjemand im Cockpit zu sehr an den Reglern gedreht. Die als Rap-Reggae-Slam-Chanson-Band angekündigte Truppe begann ihr Konzert nicht nur eher wie ein Haufen wildgewordener Hard-Rocker, ihre Musik blieb auch im weiteren so stark übersteuert, dass es in den Ohren schmerzte und ihre Texte nur bruchstückhaft zu verstehen waren. Die Rede war oft von "der Menschheit", den "Brüdern", dem "Abgrund", dem "Explodieren vor Wut". Was einem die vier abwechselnden Front-Sänger da entgegenschleuderten, klang, als riefen Stephan Hessels "Empörte" ohne Scheu vor Pathos auf zur typisch französischen permanenten Revolte.

Wem das alles zu laut wurde, der konnte weiter durch die nächtlichen Traumlandschaften des Festivalclubs streifen. Zu verwunschenen Plätzen im urbanen Dschungel der alten Becolin-Fabrik. Die sind in diesem Jahr womöglich noch bezaubernder als zuvor. Es finden sich Pariser Nachtclubs zitierende Theaterwinkel und rustikale Saloon-Ecken. Eine einzigartige Atmosphäre irgendwo zwischen Großstadtrevier und Feengarten. Gegen Mitternacht füllten sich die verschiedenen Bars und Musikräume dann auch zunehmend - die Nacht war noch jung und dauerte hier bis in den frühen Morgen.

 Die Band L'homme parle brachte die Leute zum Tanzen.

Die Band L'homme parle brachte die Leute zum Tanzen.

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Auf einen BlickDer Festivalclub (Eingang am Lyonerring) öffnet wieder am Freitag, 29., und Samstag, 30. Mai, ab 22 Uhr. Auf dem Programm stehen Weltmusik mit La Valise (Freitag) und Swinging Pop mit Ginkgoa (Samstag), gefolgt jeweils von zahlreichen DJs auf allen Tanzflächen. Beim Bistrot Musique Spécial Perspectives gastieren am Freitag, 20 Uhr, auf dem Halberg Eskalina und Askehoug, zwei vielversprechende Newcomer des Text-Chansons. (www.festival-perspectives.de ).

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