Mit Volldampf voraus?

Saarbrücken · Erst als Museen-Bahn, dann als grenzüberschreitender Schienen-Ringverkehr: Die wiederbelebte Bahnlinie soll den Warndt touristisch aufwerten. Das Wirtschaftsministerium zweifelt aber an der Rentabilität.

 Die Gleise der 2006 stillgelegten Rosseltalbahn – hier am alten Bahnhof in Geislautern – sind verwuchert. Eine Interessengemeinschaft fordert die Reaktivierung der Strecke, doch wer bezahlt's? Foto: B&B

Die Gleise der 2006 stillgelegten Rosseltalbahn – hier am alten Bahnhof in Geislautern – sind verwuchert. Eine Interessengemeinschaft fordert die Reaktivierung der Strecke, doch wer bezahlt's? Foto: B&B

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Dicke Bretter müssen sie bohren. Viel Geduld und Kampfgeist beweisen. Und ein überzeugendes Konzept vorlegen. Immerhin das Konzept steht. Die Interessengemeinschaft Warndt- und Rosseltalbahn (IGWRB) hat sich ein großes Ziel gesteckt. Sie will die 2006 stillgelegten Bahngleise auf der linken Saarseite von Völklingen bis zur ehemaligen Grube Warndt wieder aktivieren und zunächst zu einer Museen-Bahn, später zu einem grenzüberschreitenden Schienen-Personen-Ringverkehr ausbauen. So will der Vorsitzende Konrad Kunz mit der Interessengemeinschaft die einst für den Bergbau wichtige Rosseltalbahn erhalten. Und das könnte so funktionieren:

Die noch bestehenden Schienen sollen von Sträuchern befreit werden. Zunächst nur der Teil zwischen Fürstenhausen und Saarbrücken. Dort seien die Oberleitungen noch funktionstüchtig. Auf dieser Strecke könnte dann eine historische Bahn durch das Land fahren, nämlich zwischen Völklinger Hütte, dem im Warndt gelegenen Bergwerk Velsen und den Museen La Mine und Les Mineurs in Kleinrosseln. Die Bahn soll Besucher von einem Industriedenkmal zum anderen bringen. Und so "die industrielle Entwicklung anschaulich erlebbar machen". Kunz sieht darin mehrere Vorteile. Einer davon: den Warndt bekannter machen. "Dann würden nicht alle Touristen in Saarbrücken übernachten, sondern vielleicht Erholung in den ruhigen Orten des Warndt suchen", hofft Kunz. Denn die Menschen wanderten ab aus der Region. Geschäfte mussten schließen. Das könne sich ändern, wenn es dank besserer Bahnanbindung mehr Leute in den Warndt ziehe, glaubt Kunz.

Mit der reaktivierten Strecke solle außerdem die Autobahn A 620 zwischen Völklingen und Saarbrücken entlastet werden. Und auch Geislautern, wo viele Pendler aus dem Warndt täglich durch müssen. Die vielen Autos im Naturschutzgebiet Warndt sollen dann ohnehin Geschichte sein, die Anwohner lieber auf die Bahn umsteigen. "Dafür könnten Park&Ride-Parkplätze nahe der Bahnlinie angelegt werden", sagt Kunz.

Denn die Museen-Bahn ist nur die erste Station. Im weiteren Verlauf soll ein Ringverkehr entstehen, der über Forbach bis nach Saarbrücken reicht. Die Bahnlinie solle von Marienau zum Carreau Wendel verlaufen, dann das Rosseltal überqueren und an Emmersweiler vorbei bis zur ehemaligen Grube Warndt führen. Die Interessengemeinschaft rechnet mit bis zu 9000 Fahrgästen am Tag, und das ohne die Mitfahrer aus Frankreich.

Bleibt noch die Frage der Finanzierung. Kunz hofft dabei auf Unterstützung aus Brüssel. 80 Prozent der Kosten könne die EU übernehmen. Für grenzüberschreitende Verkehrsprojekte gebe es nämlich besonders hohe Zuschüsse. Den Rest müssten allerdings Bund und Land finanzieren. Die Interessengemeinschaft hofft auch auf Geld von der RAG, die im Saarland Steinkohle abbaute. Das Unternehmen fördert nämlich den Strukturwandel. "Völklingen und der Warndt blieben bisher allerdings von diesen Fördermitteln verschont", sagt Kunz verärgert. Stattdessen seien 17 Millionen Euro in den touristischen Ausbau am Bostalsee geflossen, so Kunz.

Die Interessengemeinschaft hat schon eifrig Unterstützer zusammengetrommelt. Unter anderem stellte sie ihr Konzept Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) vor und sammelte beim Warndt-Weekend 800 Unterschriften für das Projekt.

Aber es gibt auch Zweifel am Vorhaben. Wolfgang Kerkhoff, Sprecher des Wirtschaftsministeriums, erinnert an die zwischen 2007 und 2012 angebotenen Draisinen-Fahrten, die aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt wurden. Ein ähnliches Schicksal könnte auch der Museen-Bahn drohen, so Kerkhoffs Befürchtung. Die Strecke könnte zwar durchaus von der Deutschen Bahn angemietet werden. Für den Betrieb sei aber ein spezielles Unternehmen erforderlich und für den Verkehr wieder ein anderes Eisenbahnverkehrsunternehmen. Und ein Betriebsleiter vom Eisenbahnbundesamt müsse dann noch für Verkehrssicherheit sorgen. Das alles und auch noch die Betriebskosten zu erfüllen, ist nach Kerkhoffs Ansicht schwierig für eine private Initiative. Ob eine Förderung aus Tourismusmitteln möglich wäre, könne man erst sagen, wenn das Konzept konkreter sei.

Doch Rückendeckung gibt es von der Linken-Fraktion. Diese forderte kürzlich den Regionalverband auf, sich beim Land dafür einzusetzen, dass die Museen-Bahn als Touristenlinie mit historischem Dieseltriebwagen fahren soll. Und auch der Chef des Weltkulturerbes Völklinger Hütte, Meinrad Maria Grewenig , glaubt an das Vorhaben. Letztlich entscheide allerdings die Politik, sagt er. "Deshalb sollten alle am selben Strang ziehen." Eine Eisenbahn sei schließlich auch ein industriekulturelles Projekt. "Das Projekt hat großes Potenzial. Unsere Unterstützung hat die IGWRB", meint Grewenig. Nur bei der Finanzierung könne das Weltkulturerbe aufgrund der gesetzlichen Lage nicht helfen. Doch Grewenig will die Interessengemeinschaft beraten, zumindest ideell.

igwrb.eu

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