Mit der Vespa nach Italien

St Wendel · Dem Aufruf der Saarbrücker Zeitung , eine Geschichte zum Wunder von Bern zu schicken, ist August Fries aus St. Wendel gefolgt. Er schreibt von seiner Italien-Reise – und was das mit der Fußball-Weltmeisterschaft in der Schweiz zu tun hat.

 August Fries im Juni 1954 auf dem Petersplatz in Rom. Foto: Fries

August Fries im Juni 1954 auf dem Petersplatz in Rom. Foto: Fries

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Als "Fußball-Verrückten" bezeichnet sich August Fries selbst. Daher sei ihm und seinem Mitfahrer Franz die Entscheidung schwer gefallen: Sollten sie zur Fußball-Weltmeisterschaft in die Schweiz fahren oder zur Turner-Weltmeisterschaft nach Rom, die etwa zeitgleich über die Bühne ging? Sie entschieden sich für Italien. Dazu schreibt August Fries: "Diese Entfernung mit einer Vespa, die mit einem 125-Kubikzentimeter-Motor ausgestattet war, zweien, zwar nicht übermäßig schweren Personen, einem Koffer mit kleineren Wäschestücken sowie einer Zeltplane zu packen, schien an Übermut zu grenzen." Die beiden aktiven Sportler machten es trotzdem.

Und so kam es, dass sie am 4. Juli, dem Tag des Endspiels in Bern , in Rom waren.

Dazu schreibt Fries: "Durch einen Zufall hatten wir ein Lokal gefunden, das einen größeren Raum, ausgestattet mit einem Fernseh-Apparat, auch in einer Weltstadt damals noch eine Seltenheit, besaß. Nach hier begaben wir uns nun an dem Nachmittag des Endspiel-Tages. Aber oh weh! Als wir dort voller Erwartung eintrafen, war schon aus einiger Entfernung eine enorme Geräuschkulisse vernehmbar. Nach Betreten des Raumes mussten wir voll Schrecken feststellen, nicht mehr das Geringste an Platz ergattern zu können. Eine Bitte oder Erklärung war mangels Sprachdefizits nicht möglich. Die einzige freie Stelle in diesem lauten, stickigen, mit italienischem Temperament und lauten stimmlichen Ausbrüchen gepaartem Radau, war ein in einer Ecke platzierter, runder, etwa 1,30 Meter hoher so genannter "Kanonenofen", den wir beide nun bestiegen, und den wir für die kommende Übertragung in Besitz nehmen durften. Darauf verbrachten wir dann stehend und uns gegenseitig stützend und festhaltend die ganze Spielzeit. Eine Tortour sondersgleichen.

Etwas Angst stieg in uns nach Ende des denkwürdigen Finales auf. Nachdem bekannt wurde, dass zwei ‚Dedecci' sich im Raum befanden, wurden wir in diesem frenetischen Klima bejubelt und uns wurde gratuliert.

Am gleichen Abend machten wir auch noch die Bekanntschaft des Attachés der kolumbianischen Botschaft in Begleitung seiner attraktiven Ehefrau.Den Namen des Weines, den er uns geraten hatte zu konsumieren, werde ich niemals vergessen: Bianco Suave Bertani."

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