Mit der Stimme seiner Klarinette

Saarbrücken. Als Solist ist er weltweit gefragt und jährlich über 100 Tage unterwegs: Im Mai reiste er mit dem Theater Trier nach China, just war er in Holland. Anfang August biss ihm anlässlich einer musikalisch umrahmten Lesung beim Mittelrhein-Musikfestival der Terrier seiner prominenten Bühnenpartnerin Iris Berben in die Klarinette, und jetzt geht's nach Israel

 Der Klarinettist Helmut Eisel hat sich vor 20 Jahren ganz der Musik verschrieben. Foto: Reinhardt

Der Klarinettist Helmut Eisel hat sich vor 20 Jahren ganz der Musik verschrieben. Foto: Reinhardt

Saarbrücken. Als Solist ist er weltweit gefragt und jährlich über 100 Tage unterwegs: Im Mai reiste er mit dem Theater Trier nach China, just war er in Holland. Anfang August biss ihm anlässlich einer musikalisch umrahmten Lesung beim Mittelrhein-Musikfestival der Terrier seiner prominenten Bühnenpartnerin Iris Berben in die Klarinette, und jetzt geht's nach Israel. "Dennoch gehöre ich nicht zu den Großverdienern", sag Helmut Eisel lachend. "Als Wirtschaftsinformatiker wäre ich besser dran."Diesen Beruf hat der 57-jährige Saarbrücker tatsächlich mal ausgeübt, was sich als hilfreich bei der Professionalisierung des musikalischen Managements herausstellen sollte: "Ich war einer der ersten, der Datenbanken nutzte."

Heute hat er eine Agentin in Weimar, die hilft, seinen Auftragskalender zu füllen. Der endgültige Ausstieg aus der Wirtschaftsinformatik kam 1992, als Eisel mit "Ghetto" sein erstes Theaterengagement in Mannheim hatte. Zuvor war Musik willkommenes Zubrot: Von seinem Opa Leo lernte der kleine Helmut Klarinette; später wechselte er zum Saxofon, jammte in Tanzkapellen und entwickelte seine improvisatorischen Fähigkeiten während des Mathematikstudiums in diversen Jazzbands. Prägend wirkte 1989 die Begegnung mit Giora Feidman, der ihm die Klezmermusik und deren spirituelle Bedeutung vermittelte. Seither arbeitet Eisel mit Feidman zusammen und wurde zu eigenen Stücken und Interpretationen inspiriert.

"Der reine Klezmer-Klarinettist war ich jedoch nie", sagt Eisel. Weshalb er den international tauglichen Begriff "Talking Clarinet" (Sprechende Klarinette) vorzieht, geht es ihm doch in erster Linie um das Erzählen von Geschichten. Und deren instrumentale Mittel speisen sich aus drei Quellen: "Aus der Klassik nehme ich das Handwerk, vom Klezmer die Farben und die Improvisation vom Jazz."

So sind auch Eisels aktuelle Projekte ganz unterschiedlich gestrickt. Schon lange existiert das Akustik-Trio JEM, das ein Frank-Sinatra-Programm plant und sich künftig verstärkt um junge Hörer bemühen möchte. Mit dem Pianisten Sebastian Voltz spielt Eisel im Duo "Klezmeriana" alles von Schumann über Blues bis Freilach, und im November präsentiert er in der Bel Etage eine CD, die er mit dem Quartett des Gypsy-Swing-Gitarristen Joscho Stephan aufgenommen hat. Daneben erschließt Eisel als Komponist und Instrumentalist mit klassischen Orchestern der sinfonischen Musik ein neues Potenzial im Spannungsfeld zwischen Klassik und Klezmer. Seine Fähigkeit zum wortlosen Dialog stellte er 2008 bei den Domfestspielen in Bad Gandersheim unter Beweis: Die Rolle des Todes im "Jedermann" verkörperte er fast ausschließlich mit der Stimme der Klarinette.

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