Mit dem Reisebus in eine andere Kunstwelt

Saarbrücken · Das Saarlandmuseum ist geschlossen, seine Hauptwerke aber kann man dennoch sehen: im Centre Pompidou in Metz. Eindrücke von einer Kunstreise in Begleitung des Museumsdirektors.

 Blick auf die Baustelle zur Erweiterung des Saarlandmuseums in der Bismarckstraße. Foto: Rich Serra

Blick auf die Baustelle zur Erweiterung des Saarlandmuseums in der Bismarckstraße. Foto: Rich Serra

Foto: Rich Serra

Roland Mönig hat Samstagsdienst. Der Direktor steht vor dem Bus und begrüßt die Mitreisenden. Seit Kunstwerke aus der Modernen Galerie im Centre Pompidou Metz zu sehen sind, gibt es diese Kunstreisen. Immer samstags. Demnächst wieder.

Roland Mönig hat aus Verlust Gewinn gemacht. Der Verlust: Die Moderne Galerie ist seit April geschlossen, weil gebaut wird. Der viel diskutierte Erweiterungsbau soll endlich fertig werden. Der Gewinn: Die Moderne Galerie zeigt ihre Kunst im Centre Pompidou, knapp 100 Kilometer entfernt. Sie legt dabei den Schwerpunkt auf den französischen Aspekt der Saarbrücker Sammlung.

Und wann schon wurde jemals in Paris, etwa am Gare de l´Est, für Gemälde aus der Modernen Galerie geworben? Die Zusammenarbeit mit dem Centre Pompidou in Metz macht es möglich.

Sie macht es nötig, dass an Samstagen Gruppen Kunstbegeisterter in den Reisebus nach Metz steigen. Der Museumsdirektor wird vorübergehend zum Reiseleiter. Eine besondere Art der Direktorenführung und eine Aufgabe, die er mit der ihm eigenen Art annimmt: freundlich, zum scherzen bereit, sachkundig.

Als der Bus am Centre Pompidou hält, wird die Gruppe geteilt. Die einen trinken Kaffee, die anderen beginnen ihren Rundgang. Mönig führt zweimal. Ohne Mittagspause. Der Rundgang bietet Zeit, die Kunst, aber auch den Museumsdirektor zu studieren. Typisch: eine Hand in der Hosentasche, mit der anderen reibt er sich das Kinn. Das wirkt nachdenklich, aber Mönig muss nicht lange nachdenken. Er legt los.

In einer Vitrine sind zu sehen. Matisse, Weisgerber, Purrmann in München im Biergarten. "Matisse haben wir als Gemälde im Saarlandmuseum nicht", erklärt Mönig. Aber Purrmann sei so sehr Matisse, dass die französischen Kollegen ihn dafür halten wollten. Und hier schon wird es spannend. Mönig erklärt die deutschen und die französische Art, mit Kunst umzugehen. "Entre deux horizonts" macht es möglich. Die Wände sind in gelb und blau gehalten, um so die Kernbereiche des Expressionismus hervorzuheben. Kernbereich, die aus Saarbrücken hierher gebracht worden sind. In französischen Museen gibt es keine Kernbestände des Expressionismus , erklärt Mönig. Der ist dort ein Seitenzweig des Fauvismus. Man hört zu und erfährt en passant Wichtiges aus der Kunstgeschichte, Wichtiges auch über die französischen Nachbarn.

Mönig geht mal nahe ran an die Gemälde, malt mir der Hand Linien in die Luft, mal tritt er einige Schritte zurück. Um sich herum aufmerksame Zuhörer. Der Samstagsdienst des Museumsdirektors gerät anschaulich und unterhaltsam. Dazwischen immer wieder kleine Passagen Geschichtsunterricht: "Die Moderne Galerie konnte nur entstehen, weil es zweimal französische Protektorate gab". Zwischendrin bleibt Roland Mönig mal die Stimme weg. Eine Teilnehmerin reicht Bonbons. Kurze Pause, dann geht es weiter mit Otto Steinert und seiner Fotografie.

Regelmäßige Besucher der Modernen Galerie kennen viele der Exponate hier in Metz. Doch sie hier zu sehen heißt sie mit anderen Augen zu sehen.

Hier sind nahezu alle Hauptwerke des Saarlandmuseums ausgestellt. Rund 240 Arbeiten vom Impressionismus bis zu zeitgenössischen Kunst. Im Katalog zur Ausstellung schreiben Emma Lavigne, die Direktorin de Centre Pompidou Metz, und Ronald Mönig, das Projekt sei allein auf Grund seines Umfangs eine große Herausforderung gewesen.

Sie beschreiben es allerdings auch als "beglückend". Ein sehr schönes Prädikat für diese deutsch-französische Zusammenarbeit. Und eine sehr gute Bezeichnung für einen Samstag in Metz mit einem Museumsdirektor, der das Glück dieser Kunst so gut an seine Mitreisenden weiterzugeben vermag.

Die nächste Fahrt nach Metz am 15. Oktober, ist bereits ausgebucht. Es gibt noch Plätze für die Fahrten am 12. November, 10. Dezember und 14. Januar. Teilnahmegebühr 25 Euro (ermäßigt 15 Euro), darin enthalten sind die Busfahrt, der Eintritt ins Museum und die Führung. Anmeldung: (06 81) 9964-234 oder service@saarlandmuseum.de

Entre deux horizons/Zwischen zwei Horizonten. Deutsche und französische Avantgarden aus dem Saarlandmuseum . Bis 16. Januar, 10-18 Uhr, Fr, Sa, So bis 19 Uhr, Di zu.

 Eines der herausragenden Werke aus dem Saarlandmuseum, die derzeit in Metz zu sehen sind: Max Pechstein: Aufgehende Sonne, 1933 (Ausschnitt). Foto: Pechstein Hamburg/Tökendorf 2016

Eines der herausragenden Werke aus dem Saarlandmuseum, die derzeit in Metz zu sehen sind: Max Pechstein: Aufgehende Sonne, 1933 (Ausschnitt). Foto: Pechstein Hamburg/Tökendorf 2016

Foto: Pechstein Hamburg/Tökendorf 2016
 Roland Mönig führt eine Gruppe durch die Ausstellung „Entre deux horizons“. Foto: Saarlandmuseum

Roland Mönig führt eine Gruppe durch die Ausstellung „Entre deux horizons“. Foto: Saarlandmuseum

Foto: Saarlandmuseum

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