"Mir ist Deutschland wichtig"

Saarbrücken. Noch bevor Maziar Afshar (32) wusste, dass er ein Studentenvisum für Deutschland bekommen würde, begann er im 3500 Kilometer entfernten Teheran, Deutsch aus Büchern zu lernen. "Ich wollte unbedingt nach dem Bachelor in Physik mein Diplom in Deutschland machen. Und ich wollte, dass ich mit der Gesellschaft kommunizieren kann. Zwei Jahre habe ich Deutsch gelernt

 Der gebürtige Iraner Maziar Afshar, 32, ist Physiker an der Universität des Saarlandes und schreibt an einer Doktorarbeit. Foto: Iris Maurer

Der gebürtige Iraner Maziar Afshar, 32, ist Physiker an der Universität des Saarlandes und schreibt an einer Doktorarbeit. Foto: Iris Maurer

Saarbrücken. Noch bevor Maziar Afshar (32) wusste, dass er ein Studentenvisum für Deutschland bekommen würde, begann er im 3500 Kilometer entfernten Teheran, Deutsch aus Büchern zu lernen. "Ich wollte unbedingt nach dem Bachelor in Physik mein Diplom in Deutschland machen. Und ich wollte, dass ich mit der Gesellschaft kommunizieren kann. Zwei Jahre habe ich Deutsch gelernt." Mittlerweile lebt der gebürtige Iraner seit 2004 in Deutschland, hat nicht nur sein Diplom in Physik in der Tasche, sondern auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Deutsch ist schon lange keine Fremdsprache mehr. Seit wenigen Wochen ist er Doppelstaatler: Iraner und Deutscher. Im Rathaus St. Johann bekam er Anfang Mai die deutsche Einbürgerungsurkunde. "Das macht mich sehr glücklich und ist eine große Erleichterung in meinem Leben", sagt er zufrieden. 2009 kommt er von Berlin nach Saarbrücken. Derzeit ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Fakultät "Physik und Mechatronik" der Universität des Saarlandes und schreibt an seiner Doktorarbeit. "Ich wusste damals gar nicht, wo das Saarland liegt", sagt er lachend, "aber ein Forschungsprojekt in Lasermaterialbearbeitung hat mich angelockt."Ihm und seiner Frau Somaie (31), die ebenfalls an ihrer Doktorarbeit schreibt, gefällt es hier: "Die Menschen sind offen und kontaktfreudig. In Berlin haben sie kaum Augenkontakt. Die Stadt ist schnell, ruhelos, die Leute sind damit beschäftigt, wegzugucken oder in der U-Bahn ein Buch zu lesen. Hier ist es anders", sagt der Doktorand.

Afshars aufmerksame Augen wandern raus. Die Glasfront des Cafés lässt den Blick frei auf den Campus. Überall schlendern Studenten. "Mir ist Deutschland wichtig", sagt er, "deswegen verstehe ich auch nicht, warum unsere Politik Nachwuchswissenschaftler nicht besser im Land bindet. Viele junge Forscher haben nur befristete Verträge an den Unis. Sie verdienen schlecht, wandern aus, weil es andere Länder wie die USA besser machen." Afshar will bleiben, aber nach der Doktorarbeit in die Industrie wechseln. "Da sind die Arbeitsbedingungen einfach besser und sicherer." Was ändert der deutsche Pass? "Ich kann das Land mitgestalten, kann wählen, effektiver und langfristiger fürs Leben planen", sagt er, "und ich kann jederzeit ein Konto eröffnen und ein Visum bekommen."

Er schmunzelt, die Augen sind ernst: "Vor kurzem lehnte mich eine Bank als Kunde ab. Die politischen Konflikte zwischen Ländern machen misstrauisch. Manchmal trifft das Misstrauen eben auch Privatpersonen." Nachtragend ist Maziar nicht. "Ich vermisse meine Familie und Freunde im Iran, sowie die Berge. Ich bin leidenschaftlicher Bergsteiger. Wir haben unzählig viele Viertausender, und ich war sogar auf dem 5610 Meter hohen Damavand. Dagegen ist Deutschland flach", grinst er.

Gerade hat sich der 32-Jährige ein anderes hohes Ziel gesetzt: "Ich engagiere mich ehrenamtlich beim Mentoring-Programm MeMo Saar." Das Projekt richtet sich an saarländische Jugendliche aus Einwanderfamilien. "Ich kümmere mich um einen 14-Jährigen. Wir gehen zusammen ins Theater, machen Ausflüge und sprechen viel miteinander. Vielleicht kann ich ihm ein Vorbild sein." Sein ehrenamtliches Engagement hat einen Grund: "Ich bin Deutschland dankbar. Dafür, dass ich hier studieren durfte, dass ich forschen kann, und ich will Deutschland etwas zurückgeben. Gerade bei den Diskussionen über Migration und Integration will ich einen praktischen Beitrag dazu leisten."

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