Ministerium prüft Brandschutz-Regelungen an Schulen – Experten warnen vor Abschwächung

Saarbrücken · Strikte Vorgaben zum Brandschutz könnten so manche Veranstaltung an Schulen verhindern. Politiker und Lehrer fordern weichere Regeln – Experten raten strikt davon ab.

 Veranstaltungen an Schulen sind oft gut besucht (hier ein Archivbild aus dem Homburger Johanneum). Dann gelten striktere Brandschutzvorschriften als im täglichen Schulbetrieb. Foto: Heitz

Veranstaltungen an Schulen sind oft gut besucht (hier ein Archivbild aus dem Homburger Johanneum). Dann gelten striktere Brandschutzvorschriften als im täglichen Schulbetrieb. Foto: Heitz

Foto: Heitz

Ist der Brandschutz an Schulen zu streng? Regionalverbandschef Peter Gillo (SPD ) hat jetzt davor gewarnt, die strikten Vorschriften könnten Veranstaltungen in Schulen künftig unmöglich machen und gefordert, die Landesbauordnung und die Versammlungsstättenverordnung "zu entschlacken". Die Auflagen für den normalen Schulbetrieb seien erfüllt, versichert Lars Weber, Sprecher des Regionalverbands. Wenn jedoch Sport- oder Kulturveranstaltungen stattfänden, die nicht "rein schulischer Natur" seien, gelte die Versammlungsstättenverordnung, die strikter in Sachen Brandschutz sei. Muss eine Schule entsprechend umgerüstet werden, wird das teuer für den Schulträger. Natürlich sei das auch eine Frage des Geldes, räumt Weber ein, in erster Linie stelle sich jedoch die Frage, wie sinnvoll das sei.

Über diese Problematik berät nun das Innenministerium mit dem Bildungsministerium. Ob sich die Gespräche nur auf Schulen oder auf alle Veranstaltungsorte beziehen, wollte Markus Tröster, Sprecher des Innenministeriums, gestern nicht mitteilen. Übernächste Woche sei mit einem Ergebnis zu rechnen, sagte Tröster.

Andreas Weisang von der KMW Ingenieurgesellschaft kann Gillos Forderungen nicht nachvollziehen. Er ist Sachverständiger für vorbeugenden Brandschutz und sagte: "Für Schulen sollten bei Veranstaltungen die selben Auflagen gelten wie für andere Versammlungsstätten, etwa Stadthallen oder Diskotheken." Dass hier Ausnahmeregeln geschaffen werden sollen, hält er nicht für umsetzbar: "Das würde ja eine Ungleichbehandlung bedeuten." Die Vorschriften müssten folglich für alle Versammlungsstätten abgeschwächt werden, davor warnte Weisang jedoch: "Man darf nicht vergessen, dass im Schadensfall sehr viele Menschen betroffen sind." Dass die Auflagen in den vergangenen Jahren schrittweise deutlich verschärft wurden, wie Gillo beklagte, kann Weisang nicht bestätigen: "Anpassungen sind aus Erfahrungen bei Schadensereignissen heraus entstanden, machen also durchaus Sinn." Darauf verweist auch Landesbrandinspekteur Bernd Becker, der sagt: Die Vorschriften seien "grundsätzlich in Ordnung".

Lehrervertreter unterstützten indes Gillos Forderungen: So hält Lisa Brausch, Vorsitzende des Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, die Regelungen im Detail für "zu hoch angesetzt". Auch Peter Balnis, Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft , plädierte dafür, die Schulen als Veranstaltungsorte zu erhalten. Allerdings dürfe die Sicherheit der Schüler nicht gefährdet werden. Joachim Klesen, Vorsitzender der Landeselternvertretung, warnte hingegen vor "voreiligen Entschlüssen": Man müsse sehr genau prüfen, ob die Vorschriften zurückgeschraubt werden könnten; sie seien schließlich nicht ohne guten Grund erlassen worden.

Wie die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), die ihr Hochhaus in Alt-Saarbrücken wegen des Brandschutz-Skandals nicht beziehen kann, kämpft die Saar-Uni mit strikten Brandschutzvorschriften. Der größte Teil der Gebäude , die vor 1990 gebaut wurden, entspreche nicht dem aktuellen Stand, so dass viele in ihrer Nutzung eingeschränkt seien, sagte Uni-Sprecher Thorsten Mohr. Die Vorschriften seien mit der Zeit verschärft worden, das habe aber gute Gründe, wie etwa die Brandkatastrophe am Düsseldorfer Flughafen 1996, bei dem 17 Menschen starben. "Die Kosten, um die Gebäude anzupassen, liegen geschätzt bei weit über 100 Millionen Euro", sagte Mohr.

Meinung:
Brandschutz kein Kinderspiel

Von SZ-RedakteurDietmar Klostermann

Die Geister, die sie riefen, werden sie nicht mehr los: Frei nach Goethe versuchen derzeit die Landespolitiker der Regierungskoalition und gewisse Schulträger, den auch von ihnen per Landesbauordnung erhöhten Brandschutz für öffentliche Gebäude auszuhöhlen. Denn die wegen Brandkatastrophen verschärften Richtlinien erzwingen Umbauten allerorten. Allein die Saar-Uni würde es 100 Millionen kosten, für die Schulen hat das (wohlweislich?!) keiner beziffert. Diese Denkweise ist verantwortungslos: Statt das Geld zu beschaffen, um für den nötigen Brandschutz zu sorgen, soll "entschlackt" werden. Bis zum nächsten Großbrand.

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