Mehrere Kommunen wollen Eltern die Kita-Beiträge wegen des Streiks erstatten

Saarbrücken · Viele Eltern müssen wegen des Kita-Streiks zusehen, wo sie ihr Kind betreuen lassen – zugleich aber weiter Kita-Gebühren zahlen. Immer mehr Bürgermeister haben Verständnis für die Verärgerung – und wollen handeln.

 Hunderte Erzieher protestierten am Dienstag in Schmelz für mehr Geld. Foto: Ruppenthal

Hunderte Erzieher protestierten am Dienstag in Schmelz für mehr Geld. Foto: Ruppenthal

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Die rechtliche Lage ist eindeutig: Kommunen, deren Kitas bestreikt werden, müssen die Elternbeiträge nicht zurückzahlen. Denn Streiks gelten als "höhere Gewalt". Mit dieser Begründung lehnen etwa die Stadt Saarlouis oder die Gemeinde Schmelz, deren Bürgermeister Armin Emanuel (SPD ) Chef der öffentlichen Arbeitgeber im Saarland ist, eine Rückzahlung ab. Im Ottweiler Rathaus hieß es, die Satzung sehe keine Erstattungen vor, daher sei dies im Moment kein Thema. In Bexbach ist hingegen noch völlig offen, ob Kita-Beiträge erstattet werden. Bürgermeister Thomas Leis (SPD ) sprach von einer "50:50-Nummer" und erklärte: "Als dreifacher Familienvater bin ich selbst betroffen und möchte eine Diskussion in den entsprechenden Gremien anstoßen."

In einigen Kommunen hat der Druck der Eltern bereits Wirkung gezeigt. Viele Eltern sind erbost, dass sie sich um eine Ersatzbetreuung kümmern müssen, die Gebühren aber weiterzahlen sollen - und die Gemeinden auch noch verdienen, weil sie den Erzieherinnen während des Streiks kein Gehalt zahlen.

Als erste Kommune war St. Ingbert vorgeprescht. "Wir wollen am Streik nicht zu Lasten der Eltern Geld verdienen", teilte OB Hans Wagner (Familienpartei) mit. Auch die Oberbürgermeisterin der Stadt Saarbrücken , Charlotte Britz (SPD ), will den Eltern entgegenkommen. "Eine Rückzahlung an die Eltern wäre fair. Ich kann die Forderung der Eltern nach Erstattung der Elternbeiträge nachvollziehen", teilte sie mit. Allerdings müsse die Kommunalaufsicht des Landes dem zustimmen, denn Saarbrücken sei eine Haushaltssanierungskommune ohne genehmigten Haushalt. Daher sei es fraglich, ob die Kommunalaufsicht eine solche Rückerstattung als rechtlich zulässig erachte, erklärte Britz. Bei einer positiven Rückmeldung werde sie dem Stadtrat aber eine Erstattung vorschlagen.

Umgehend meldete sich Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) zu Wort: "Ich begrüße es ausdrücklich, wenn Saarbrücken den Eltern das Geld zurückzahlt", erklärte er gestern. Die Stadt müsse "lediglich im Haushaltsplan, der sich in der Genehmigungsphase befindet, die entsprechende Position angeben".

Die Stadt Völklingen will erst die Prüfung der Kommunalaufsicht abwarten, bevor das Thema im Stadtrat diskutiert wird. In der Nachbarstadt Püttlingen will die CDU als stärkste Fraktion auf jeden Fall beantragen, Eltern die Beiträge für die Streiktage zu erstatten.

Wie die Stadt Neunkirchen mit dem Thema Eltern-Beiträge umgehen wird, ist noch offen. "Es ist noch nichts entschieden", sagte Pressesprecher Markus Müller. Der Stadtrat werde das Thema bei seiner nächsten Sitzung im Juni diskutieren. Die SPD im Stadtrat, die 25 der 51 Sitze hält, hat sich jedoch bereits für eine "sinnvolle Rückerstattung" ausgesprochen. "Wie und in welcher Form, ist jedoch offen", betonte Müller. Oberbürgermeister Jürgen Fried (SPD ) erklärte, die Stadt habe während der ersten elf Streiktage rund 150 000 Euro an Gehältern für die Erzieherinnen eingespart. Wenn man den Elternanteil daran komplett zurückgäbe, belaufe sich dies auf 48 000 Euro.

In Merzig blieb bislang lediglich eine städtische Kita einen Tag lang geschlossen. "Obwohl es für die Eltern keinen rechtlichen Anspruch auf Rückerstattung gibt, möchte die Kreisstadt Merzig die Eltern beziehungsweise Kinder in geeigneter Form entschädigen", sagte ein Stadtsprecher. Dies solle aber nicht in Form einer Erstattung der Elternbeiträge erfolgen, sondern durch "ein zusätzliches Angebot oder eine Anschaffung, die unmittelbar den Kindern zugutekommt".

Der Schiffweiler Bürgermeister Markus Fuchs (SPD ) verweist auf die Satzung der Gemeinde, in der es heißt, dass bei einer vorübergehenden Schließung der volle Kindergartenbeitrag zu zahlen sei. Daher könne er als Bürgermeister ohne Beschluss des Gemeinderates den Eltern eine teilweise Rückerstattung der Kindergartengebühren auch nicht zusichern. "Ich werde dem Rat allerdings eine Rückerstattung der Kindergartenbeiträge empfehlen", so Fuchs. In Heusweiler haben die Eltern nach Angaben einer Gemeindesprecherin um ein Gespräch mit einem Verantwortlichen der Kommune gebeten, das nun am Dienstag stattfinden soll.

Für mehrere Kommunen im Saarland stellt sich die Frage von Erstattungen allerdings gar nicht erst, weil an ihren Kitas bislang entweder nicht gestreikt wurde - wie in Blieskastel, Losheim, Wadern, Schwalbach und Lebach - oder weil sie keine eigenen Kitas unterhalten. Dies ist beispielsweise in Homburg, Dillingen, St. Wendel und Illingen der Fall.

Zum Thema:

Der Kita-Streik wird auch nach Pfingsten weitergehen. Das beschloss nach Angaben der Gewerkschaft Verdi eine bundesweite Streikdelegiertenkonferenz in Fulda. "Der Streik wird erst zu Ende sein, wenn ein annehmbares Ergebnis erreicht ist", rief Michael Blug vom Verdi-Bezirk Saar Trier gestern bei einer Versammlung in Saarbrücken den 600 streikenden Erziehern zu. Nächste Woche soll es Mahnwachen vor den Rathäusern geben. red

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