Mehr Videoüberwachung ab August

Saarbrücken · An zwei Orten in Saarbrücken will der Innenminister Kameras installieren. Doch die Stadt hat noch Bedenken.

 Ein möglicher Kamerastandort ist das Dach des Eurobahnhofs. Von dort sind der Vorplatz und die Reichsstraße einsehbar. Foto: Innenministerium

Ein möglicher Kamerastandort ist das Dach des Eurobahnhofs. Von dort sind der Vorplatz und die Reichsstraße einsehbar. Foto: Innenministerium

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Aggressives Betteln, Schlägereien und Drogenhandel: 125 Mal ist die Polizei allein im ersten Halbjahr 2016 zu Einsätzen an der Saarbrücker Johanneskirche ausgerückt. So auch letzten Samstag, als vier bis fünf Täter einen 19-Jährigen ausgeraubt haben. Zwei Täter habe die Polizei ermittelt, würde der Bereich videoüberwacht könnte der Erfolg größer sein, glaubt Kripo-Leiter Harald Schnur: "Bisher können wir das Geschehen nur durch Aussagen rekonstruieren. Aber Videoaufnahmen könnten zeigen, wie es zu der Tat kam, wer Haupttäter war, und wir könnten im Rechtsverfahren den Tathergang beweiskräftig untermauern." Auch während einer Straftat könne die Polizei mit Hilfe der Videos, die beim Landespolizeipräsidium auflaufen sollen, zielgerichteter eingreifen.

Nach einem halben Jahr Vorplanung hat gestern Innenminister Klaus Bouillon (CDU) die Ergebnisse der Projektgruppe "Videoüberwachung" des Landespolizeipräsidiums vorgestellt. Das Konzept sieht vor, die zwei stärksten Gefahrenschwerpunkte in Saarbrücken, die Johanneskirche und der Vorplatz des Eurobahnhofs, in einem Feldversuch mit stationären Kameras zu überwachen. Im Bereich Johanneskirche sollen zwei Kameras - eine am Rathaus, die andere im Verwaltungsgebäude der Stadt (Dudweilerstraße 26) - angebracht werden. Dies könne nach einer vierwöchigen Ausschreibung erfolgen. Am Bahnhofsvorplatz, den pro Jahr elf Millionen Menschen überqueren, sollen in drei Schritten insgesamt 35 Kameras installiert werden. Hier dauere die europaweite Ausschreibung drei Monate. Ein Beginn der Überwachung sei ab August denkbar. Es solle die modernste Technik angeschafft werden, die eine Identifizierung der Personen auch bei Dunkelheit ermögliche. Bei der Planung sei auch das Unabhängige Datenschutzzentrum eingebunden worden.

Das Ministerium stehe "Gewehr bei Fuß", doch noch fehle die Zustimmung der Landeshauptstadt. Er sei zuversichtlich, dass diese binnen zwei Wochen vorliege, da man auch dem Wunsch der Stadt nach mehr Polizeipräsenz Rechnung getragen habe. So werde ein Drittel der neuen Operativen Einheiten in Saarbrücken konzentriert, zusätzlich könnten die Dienststellen bei Bedarf die Bereitschaftspolizei anfordern.

Die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) sagte, sie sei zuversichtlich, dass die von ihr im August 2016 angeregte Sicherheitspartnerschaft zwischen Polizei und Stadt zeitnah umgesetzt werden könne. Der wichtigste Punkt sei die personelle Verstärkung der Polizei. Kritisch sehe sie die ausgesuchten Standorte für die Kameras. Hier sei zu erwarten, dass sich die Kriminalität an andere Orte verlagere. Diese Bedenken habe das Landespolizeipräsidium nicht ausräumen können, aber erklärt, dass es im Versuch nicht primär darum gehe, Terrorgefahren oder die Drogenszene zu bekämpfen. Vielmehr solle ein reibungsloser Echtbetrieb durch eine in der Praxis getestete Technik und Ablauforganisation an den Standorten ermöglicht werden. Auch die SPD-Stadtratsfraktion erklärte, die Frage nach mehr Personalpräsenz müsse noch geklärt werden. Sie erwarte mehr Informationen, bevor mit einem Feldversuch Fakten geschaffen würden. Sollte die Stadt nicht zustimmen, trage sie die Verantwortung, dass etwa eine Million Euro für mehr Sicherheit nicht investiert werden können, sagte Bouillon: "Dann ist das Projekt tot."

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