Man spricht nur Deutsch

Saarbrücken · Schilder im Saarland sollen nach und nach zweisprachig beschriftet werden, heißt es in der Frankreich-Strategie der Landesregierung. Warum aber gilt das nicht für die neuen Tourismusschilder?

 Vor kurzem stellte Ministerin Rehlinger (2. von rechts) das neue touristische Beschilderungskonzept vor. Das Ziel der Landesregierung – die Zweisprachigkeit – wurde dabei nicht beachtet. Foto: Seeber

Vor kurzem stellte Ministerin Rehlinger (2. von rechts) das neue touristische Beschilderungskonzept vor. Das Ziel der Landesregierung – die Zweisprachigkeit – wurde dabei nicht beachtet. Foto: Seeber

Foto: Seeber

Kürzlich stellte Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD ) die neuen einheitlichen Tourismusschilder vor, die von 2015 an im gesamten Saarland auf Sehenswürdigkeiten hinweisen sollen. Ein durchaus sinnvolles Konzept, findet die Deutsch-Französische Gesellschaft Saar, stellt jedoch die Frage, ob bei den neuen Schildern an die Frankreich-Strategie gedacht wurde - die Schilder also auch auf Französisch beschriftet werden. Doch: Fehlanzeige. "Natürlich haben wir den Ehrgeiz, möglichst oft den französischen Nachbarn ein Informationsangebot in ihrer Sprache zu machen", sagt Wolfgang Kerkhoff, Sprecher des Verkehrsministeriums. "Aber bei Hinweisschildern erreicht man schnell den Punkt, dass die Übersichtlichkeit leidet, sobald man überall zusätzlich die Übersetzung anbietet." Hinzu komme, dass sehr viele Eigennamen auf den Schildern stünden, die man ohnehin nicht übersetzen könne. Im Eckpunktepapier der Landesregierung zur Frankreich-Strategie heißt es jedoch ausdrücklich: "Die öffentliche Kommunikation von staatlicher Seite, sei es in Formularen, Schildern, Hinweistafeln und ähnlichem, sollte bei Erneuerungsbedarf sukzessive zweisprachig angepasst werden."

Peter Moll, Präsident der Deutsch-Französischen Gesellschaft Saar, findet die Antwort aus dem Verkehrsministerium deshalb auch "enttäuschend": "Sie lässt erkennen, dass die Frankreich-Strategie noch nicht in der Exekutive angekommen ist." In anderen Grenzregionen, etwa in Südtirol, seien zweisprachige Touristikschilder völlig normal und machbar. Im Einzelfall könne man die Übersetzung ja auch kürzen, meint Moll. Die Reaktion der Staatskanzlei, unter deren Federführung die Frankreich-Strategie steht, fällt zwar milde aus, Sprecherin Marlene Mühe-Martin hofft jedoch auf Besserung: Eine zweisprachige Beschilderung sei sinnvoll und wünschenswert. "Es wäre gut, wenn beim nächsten Druck oder bei der nächsten Aufstellung die Schilder in diesem Sinne verbessert werden könnten." Damit wäre das erklärte Ziel des Verkehrsministeriums - die Einheitlichkeit der Schilder - allerdings hinfällig, denn im Landkreis Neunkirchen stehen die Schilder bereits - nur mit deutscher Beschriftung.

Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) hat am Dienstag erklärt, dass der Fahrplan zur Frankreich-Strategie des Landes Mitte Oktober beschlussreif dem Kabinett vorliegen werde. "Die Konferenz in Otzenhausen hat unsere Grundlagen bestätigt", sagte Kramp-Karrenbauer am Dienstag vor Journalisten in Saarbrücken . Die Ideen aus Otzenhausen würden jetzt ausgewertet und in die Kabinettsvorlage einfließen. Die grüne Landtagsfraktion forderte Investitionen in die Frankreich-Strategie statt reiner "Lippenbekenntnisse". "Langfristig ist dieser Weg nur zielführend, wenn in sämtlichen Kindertagesstätten erste Französischkenntnisse vermittelt werden. Das heißt, bis zur Einschulung ist es notwendig, alle Kinder auf spielerische Art mit der französischen Sprache vertraut zu machen", sagte Fraktionsvize Klaus Kessler . Um neue Wege und Möglichkeiten für EU-Bürger, sich an Europapolitik zu beteiligen, geht es beim 16. Deutsch-Französischen Dialog in Otzenhausen . Vom 13. bis 16. September tauschen sich bei einem Workshop in der Europäischen Akademie vor allem Bürger aus, die sich grenzüberschreitend und zivilpolitisch in der EU engagieren.

Derzeit gebe es als einzige institutionalisierte Form der Bürgerbeteiligung in der EU nur die Europäische Bürgerinitiative (EBI), so Daniel Horst, Studienleiter für Frankreich und Großregionen an der Europäischen Akademie. "Sie funktioniert im Prinzip wie eine Petition auf nationaler Ebene, mit der Bürger einen Vorschlag bei der EU-Kommission einreichen können." Eine erfolgreiche EBI war beispielsweise das Projekt "Wasser ist ein Menschenrecht". Innerhalb eines Jahres müssten für eine EBI eine Million Unterschriften aus mindestens sieben Mitgliedsstaaten zusammenkommen, erklärt Horst. Viele Organisationen wie der Verein "Mehr Demokratie" forderten jedoch mehr Zeit für die Unterschriftensammlung, nämlich 18 Monate, sowie eine Reduzierung der erforderlichen EU-Länder auf fünf. Zudem sei der Vorgang zu bürokratisch.

Beim 16. Deutsch-Französischen Dialog wollen die Veranstalter und 30 Experten aus ihrer Erfahrung heraus konkrete Lösungsansätze entwickeln, welche Beteiligungs-Wege in der EU für Bürger zum Erfolg führen, auf welche Hindernisse sie dabei stoßen und wie sie diese überwinden können. Am Dienstag, 16. September, findet zum Abschluss des Workshops eine öffentliche Präsentation der Ergebnisse mit anschließender Diskussion statt.

Mehr Informationen finden Interessierte online unter www.eao-otzenhausen.de

Eine Region innerhalb von nur 30 Jahren zweisprachig zu machen, ist ein hehres Ziel. Nun zeigt sich am Beispiel der Tourismusschilder, dass die Frankreich-Strategie offenbar noch nicht einmal in den Köpfen der Politiker angekommen ist. Wie soll sie da in den Köpfen der Bürger ankommen? Es ist wohl nicht so leicht, sich von herkömmlichen Denkmustern zu lösen. Doch damit die Frankreich-Strategie kein reines Lippenbekenntnis bleibt, muss die Landesregierung noch viel tun - und zwar zuallererst in ihren eigenen Behörden. Die Staatskanzlei müsste konsequenter darauf achten, dass die Ziele ihres Eckpunktepapiers umgesetzt werden und keine leeren Worthülsen bleiben.

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