Machtpoker im VVS-Konzern

Saarbrücken. Es muss rund gegangen sein hinter den Kulissen der Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Saarbrücken (VVS). Das lässt zumindest Grünen-Stadtratsfraktionschef Thomas Brück durchblicken. Anlass ist die Diskussion um die Nachfolge von Dieter Attig (Foto: VVS), der noch bis Jahresende Sprecher der Geschäftsführung des VVS-Konzerns ist und dann in den Ruhestand geht

 Das Unternehmen Energie SaarLorLux (ESLL) hat das Heizkraftwerk Römerbrücke übernommen und produziert Strom und Fernwärme. Vorher war es nur für den Vertrieb zuständig. Der VVS-Konzern hält 49 Prozent der ESLL-Anteile und will die Energieerzeugung ausbauen. Foto: Becker&Bredel

Das Unternehmen Energie SaarLorLux (ESLL) hat das Heizkraftwerk Römerbrücke übernommen und produziert Strom und Fernwärme. Vorher war es nur für den Vertrieb zuständig. Der VVS-Konzern hält 49 Prozent der ESLL-Anteile und will die Energieerzeugung ausbauen. Foto: Becker&Bredel

Saarbrücken. Es muss rund gegangen sein hinter den Kulissen der Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Saarbrücken (VVS). Das lässt zumindest Grünen-Stadtratsfraktionschef Thomas Brück durchblicken. Anlass ist die Diskussion um die Nachfolge von Dieter Attig (Foto: VVS), der noch bis Jahresende Sprecher der Geschäftsführung des VVS-Konzerns ist und dann in den Ruhestand geht. Doch Brück ist zufrieden: "Die Höherstufung von Horst Schmeer in den Vorstand ist vom Tisch." Der SPD-Kreisvorsitzende soll offenbar deutlich seine Ambitionen geäußert haben, um in den Vorstand aufzurücken. Derzeit ist er unter anderem Geschäftsführer der Wasserwerk Bliestal GmbH und des Windparks Freisen.Doch der VVS-Aufsichtsrat hat entschieden, dass die Stelle ausgeschrieben wird. Brück dankte der Aufsichtsratschefin, Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, und Peter Bauer, Chef der SPD-Fraktion im Stadtrat, die sich für diese Lösung in ihrer Partei eingesetzt hätten. Brück betont, es sei sehr wichtig, dass ein Fachmann und kein Parteisoldat den Posten bekomme.

Schmeer (Foto: Barbian) weist das als Spekulationen zurück. "Ich habe mich nicht beworben und werde mich nicht für ein Vorstandsamt bewerben. Dafür stehe ich nicht zur Verfügung", sagte Schmeer gestern auf SZ-Anfrage. Im Übrigen sei er aufgrund seiner Ausbildung gar nicht geeignet als technischer Vorstand. Arbeitnehmer-Vertreter hätten seinen Namen ins Spiel gebracht. Er solle mehr Verantwortung beim Personal übernehmen. Doch das müsse der Nachfolger Attigs entscheiden, sagte Schmeer.

SPD-Fraktionschef Peter Bauer ist zufrieden, dass nun die Nachfolge Attigs ausgeschrieben wird. Denn der VVS-Konzern habe schwere Zeiten hinter sich. Der neue Mann an der Spitze müsse den eingeschlagenen Weg, wieder in die Energieerzeugung einzusteigen, fortsetzen. Deshalb solle er oder sie auch bei der Energie SaarLorLux (ESLL) künftig neben dem zweiten Geschäftsführer Jochen Starke die Entscheidungen treffen. Der bisherige Geschäftsführer Franz-Josef Johann werde zu den Stadtwerken zurückkehren, sagte Bauer. Denn ESLL habe nach der Übernahme des Heizkraftwerks Römerbrücke (die SZ berichtete) einen ganz anderen Stellenwert.

Der Aufsichtsrat habe nun eine Personalberatung eingeschaltet, um einen geeigneten Nachfolger für Attig zu finden. Der Vertrag mit VVS-Geschäftsführer Peter Edlinger soll verlängert werden. Die VVS muss außerdem einen Vorstand für die Stadtwerke suchen. Das ist bisher auch Edlinger. Doch die VVS teilt mit, dass das nach dem Energiewirtschaftsgesetz nicht mehr möglich sei. Stromnetzbetrieb und Erzeugung müssten getrennt werden. Deshalb soll Edlinger nicht mehr in Personalunion im VVS-Vorstand und an der Spitze der Stadtwerke stehen, sagte Bauer. Damit werde das Ganze zwar teurer. Aber wenn die VVS das nicht mache, werde die Bundesnetzagentur einschreiten. Bauer hofft, dass spätestens nach den Sommerferien die Personalfragen geklärt sind. Am 1.1.2012 soll der neue Vorstand bei der VVS anfangen. "Ich habe mich nicht beworben und werde mich nicht

für ein Vorstandsamt bewerben."

Horst Schmeer

Meinung

Britz bremst den Genossen

Von SZ-RedakteurMarkus Saeftel

Der Aufsichtsrat des VVS-Konzerns hat gerade nochmal die Kurve gekriegt. Wurden hier früher gern Politiker mit Pöstchen versorgt, wird der Nachfolger von Dieter Attig, Sprecher der Geschäftsführung, jetzt also per Ausschreibung gesucht. Auch Attig kam von außen und hat den VVS-Konzern langsam aus der Krise geführt. Der Wiedereinstieg in die Energieerzeugung ist ein richtiger Schritt, aber noch nicht zu Ende. Das Unternehmen braucht also einen Spitzenmann, um Attigs Weg fortzusetzen.

Leider ist die Versorgungsmentalität im Konzern aber nicht totzukriegen. Horst Schmeer, SPD-Kreisvorsitzender, der im Konzern großen Einfluss hat, wollte wohl ganz nach oben - wenn schon nicht auf Attigs Posten, dann an anderer Stelle im Vorstand. Das hat Oberbürgermeisterin Charlotte Britz zunächst verhindert. Sie hat offenbar begriffen, dass der VVS-Konzern nur aus der Krise kommt, wenn Energie- und Strommanager das Sagen haben, die ihren Job verstehen, und keine machtgierigen Politiker. Schmeer weist zwar alle Vorwürfe zurück, soll aber hinter den Kulissen kräftig an Koalitionen gebastelt haben. Er wird nicht lockerlassen. Der Aufsichtsrat muss weiter auf der Hut sein.

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