Macht das Smartphone aus Jugendlichen Zombies?

Saarbrücken · Wie gehen Kinder und Jugendliche mit Internet und dem Smartphone um? Dem versucht eine neue Studie auf den Grund zu gehen. Am Mittwoch wurde sie in Saarbrücken vorgestellt.

"Beruhigend" nannte am Ende einer der knapp 60 Zuhörer den Vortrag, andere wollten sich da nicht anschließen. Das Gehörte rückte zwar einige Klischeebilder zurecht, nach denen unentwegt mit dem Smartphone hantierende Jugendliche nichts anderes als digitale Zombies wären; aber es ging auch um die problematischen Nebenwirkungen der Medien im Vortrag "Ausnahmezustand offline" von Peter Martin Thomas am Mittwoch in der Landesmedienanstalt. Thomas erläuterte eine Studie des "Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet ", Schirmherr ist Ex-Bundespräsident Roman Herzog .

1512 Menschen zwischen neun und 24 Jahren sind befragt worden, "um die subjektive Sicht ihrer Mediennutzung" zu zeigen. Genutzt wird das Internet laut Studie mittlerweile rund um die Uhr, immer weniger am stationären PC, fast immer mit dem Smartphone, nahezu in jeder Situation. "Es wird zwischen digitalem und analogem Raum nicht unterschieden", sagt Thomas, "man ist immer online - auch aus Angst, etwas zu verpassen", was viele Jugendliche als sozialen Stress empfänden. Zugleich sei der digitale Raum aber "der letzte, in dem sich Jugendliche von den Eltern unbeobachtet fühlen" - unabhängig davon, ob das Verhältnis zu den Eltern nun gut oder schlecht ist. Generell nehmen die meisten Jugendlichen das Smartphone als "emotionalen Wegbegleiter" wahr und auch als Statussymbol, bei dem nur das Neueste gut genug ist, "wie damals beim Walkman, da musste es auch der von Sony sein". Die Eltern empfinden sie dabei als Menschen in fast ständigem Alarmzustand, was für Kinder bis 14 noch erträglich sei, danach weniger. "Da werden Eltern sofort zu absolut unattraktiven Gesprächspartnern", zumal die Jugend den Eltern kaum technische Kompetenz zugesteht.

Der alten Mär von den tausenden Facebook-Freunden und der damit verbundenen Oberflächlichkeit widerspricht die Studie. "Jugendliche wissen da sehr genau zu unterscheiden", sagt Thomas, kaum einer der Befragten habe vieler Online-"Freunde" zum Trotz mehr als neun wirklich enge, echte Freunde genannt.

Eine weitere Erkenntnis: Jugendliche mit niedrigem Bildungsgrad nutzen das Internet vor allem für Facebook und Spiele, sehen es als Spaßmedium und sind besonders sorglos, was die Weitergabe eigener Daten und das Urheberrecht fremder Daten angeht; Befragte mit höherem Bildungsgrad nutzen das Internet stärker zur Information.

Bei der anschließenden Diskusion gingen die Meinungen pro und contra massiver Internet-Nutzung der Jugendlichen weit auseinander. Thomas plädierte für mehr Medienkompetenz bei Lehrern und Eltern ; dem schloss sich die saarländische Bundestagsabgeordnete Nadine Schön (CDU ) im Schlusswort an.

Die Studie zum Nachlesen:

www.divsi.de/publikationen/

studien

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort