„Luise lebt“ in jedem Laden

Saarbrücken · Zwei Semester lang haben Kunststudenten dem Saarbrücker Luisenviertel mit konkreten Projekten und visionären Ideen Aufbauhilfe geleistet. Die Arbeit ist getan, am Wochenende verabschieden sich die Kreativen mit einer Schau – und Milchshakes mit Käsekuchen-Geschmack.

 Kunsthochschulstudenten stellen ihre Ladenideen für die Eisenbahnstraße der Zukunft in einer Ausstellung vor. Foto: Becker&Bredel

Kunsthochschulstudenten stellen ihre Ladenideen für die Eisenbahnstraße der Zukunft in einer Ausstellung vor. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Das ist doch mal ein prima Angebot fürs "gepflegte Ausrasten": Hanna Gressnichs "Wutsalon", wo die Leute schallisoliert Gegenstände zertrümmern dürfen, politisch korrekt "mit Produkten aus regionalen Schrottplätzen". Nebenan in Janne Schneiders "Ping Pong Social Club" wird Entspannung beim Tischtennis in Aussicht gestellt, wer noch höher hinaus will, bucht in Anne Kochs "Fliegerei Änderle" eine Zeitreise.

Den Proviant vor dem Abflug beziehe er im "Immerzimmer" von Barbara Hinz, dem ersten Saarbrücker Laden, der 24 Stunden offen hat. Weil sich heute jeder Zweite eine Allergie zulegt, gibt es demnächst nebenan "Youdo", einen Laden für Menschen mit allen erdenklichen "Intoleranzen", gegründet von Lukas Jochum.

Das sind alles, wohl gemerkt, Konzepte, die in der wirklichen Welt des Alt-Saarbrücker Luisenviertels (noch?) nicht vorkommen. Es handelt sich um Fantasien von Studenten der Hochschule der Bildenden Künste (HBK) Saar, die aber doch insoweit wieder "echt" sind, als sie hier vor Ort erdacht wurden und die Pläne einsehbar sind. Seit Monaten (und zwei Semestern) arbeiten die jungen HBK-ler unter Obacht der Professoren Indra Kupferschmid, Ivica Maksimovic und Ono Mothwurf daran, dem Viertel neuen Glanz zu geben.

Die Stadt Saarbrücken hat Straßen und Gehwege erneuert, die Studenten sind daran interessiert, unter Kaufleuten und Bewohnern neue Begeisterung für das Quartier zu entfachen. Wenn das gepackt ist, so die Überlegung, wird das Viertel so reizvoll, dass es auch immer mehr Interessenten von auswärts anzieht.

Die mit bemerkenswerter Leidenschaft und Detailvernarrtheit entwickelten Ideen und Konzepte sind durchaus auch alltagstauglich: Bernd Pegritz, Britta Derflinger und Verena Preiser haben eine "Luise lebt"-Kampagne mit Visitenkarten, Postern und Animationen für jeden einzelnen Laden erdacht. Jana Thiel und Merle Sommer liefern das adäquate moderne Rabattmärkchen-Wesen. Sebastian Schweig offeriert dem Metzger eine behutsame "Typberatung" bis hin zur Farbe der Wursttüte, "um sein Profil auf den Punkt zu bringen". Yan Koprinko hat alle Klingelschilder des Viertels fotografiert und die Fotos zu einem Riesenposter verschmolzen - eine aufwendige Installation, die Leute zusammenbringen und für Gemütlichkeit werben möchte. All diese Arbeiten, es sind an die 30, werden an diesem Samstag und Sonntag im Design-Kiosk und schräg gegenüber im Hansahaus präsentiert, und zwar im Rahmen des jährlichen HBK-"Rundgangs". Die Studenten werden die Räume Ende Februar verlassen und bringen sich noch einmal in Erinnerung. Wenn Ono Mothwurf schwärmt, hier könne man "mehr erleben als im riesigen Einkaufszentrum nebenan", dann liegt er vielleicht nicht ganz daneben. Zumal auch wieder die legendären Luisen-Milchshakes kredenzt werden, diesmal in den Sorten Käsekuchen und Bratapfel.

Ausstellung "Die Utopie träumt" ist am Samstag und Sonntag, 10 bis 17 Uhr, in der Eisenbahnstraße 27 und im Hansahaus zu sehen.

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