„Lieder reifen – wie der ganze Mensch“

Unvergessen sind Peter Hortons Lieder wie „Wenn du nichts hast als die Liebe“. Viele Jahre machte der begnadete Gitarrist vor allem mit anderen zusammen Musik. Jetzt hat der mittlerweile 70-Jährige ein Solo-Album aufgenommen – nur er und seine Gitarre. Am 8. Juni kommt er damit nach Saarbrücken. SZ-Redakteurin Susanne Brenner hat er vorab ein Interview gegeben.

 Peter Horton. Foto: Agentur reisinger

Peter Horton. Foto: Agentur reisinger

Foto: Agentur reisinger

Nur Gitarre und Stimme, das ist die vielleicht konzentrierteste Form, Lieder zu präsentieren. Was hat Sie dazu gebracht, nach all den Jahren eine solche CD zu machen und mit ihr auf Tournee zu gehen?

Peter Horton: Das ist einfach eine Variante, die mir schon immer am Herzen lag: klar, transparent und nichts als lebendige Spielfreude. Ich spiele gerne mit großartigen Musikerkollegen, aber ebenso gerne auch mal allein. Das Instrument, auf dem ich mich da begleite, hat wundervolle Klangeigenschaften mit einer sehr warmfruchtigen Bassfunktion.

Sie haben, sicher zur Freude "alter" Fans, auch Ihre Klassiker wie "Wenn du nichts hast als die Liebe" und "Solang du in dir selber nicht zuhause bist" neu eingespielt. Was verbindet Sie heute noch mit diesen Liedern?

Peter Horton: Lieder, die nicht aus Berechnung sondern aus Liebe entstehen, sind Lebewesen. Sie reifen immer weiter - ebenso wie der ganze Mensch. Und auch ich als ihr Schreiber entdecke immer wieder neue Temperaturen und Nischen in ihnen.

In Ihrem Song von den "Quadratgesichtern" zeigen Sie Ihren Ärger darüber, dass unsere Welt zunehmend von Konsum und Mammon beherrscht wird, Geist und Moral auf der Strecke bleiben. Sind Sie ein politischer Mensch?

Peter Horton: Politisch nicht im radikal floskeldreschenden Kampfsinne, sondern im Sinne des griechischen Stammwortes "Polis", das unter anderem für "Volk" steht. Da sehe ich meine persönliche Aktionslinie. "Eine Horde von Quadratgesichtern" hatte ich bereits vor 30 Jahren geschrieben, und jetzt habe ich es vom Text und Arrangement her noch mal auf die Gegenwart komprimiert.

Als Sie angefangen haben, Musik zu machen und dazu deutsche Texte zu singen, war das absolut gegen den Zeitgeist. Heute sind die Bühnen voller junger Leute, die deutsch singen und damit wie Annett Louisan, Philipp Poisel, Max Prosa, Anna Depenbusch und viele andere die Säle füllen. Bereitet Ihnen das Genugtuung? Was halten Sie von den "jungen Deutschen"?

Peter Horton: Zum Beispiel Annett Louisan ist eine Freude, ebenso viele andere. Man hört allerdings im Rundfunk und TV eigentlich nur marginal von diesen wunderbaren Talenten. Ich habe mich immer für junge Talente eingesetzt, schon in meiner Fernsehzeit mit "Café in Takt" und "Hortons Kleine Nachtmusik" oder als Dozent an der Hamburger Musikhochschule. Beim internationalen Musikkongress in Wien am 30. September 1982 hielt ich vor über 40 Nationen ein feuriges Eröffnungsreferat mit einem abschließenden Zehn-Punkteprogramm. Vieles davon ist schon verwirklicht worden. Es bleibt jedoch wahrlich noch eine Menge zu tun.

Heino ist mit 70 Jahren zum Rocker mutiert. Auch andere angegraute Künstler tun so, als sei das Leben mit 70 noch Sex & Drugs & Rock 'n' Roll. Sie gehen den gegenteiligen, man könnte auch sagen seriösen Weg. Was denken Sie, wenn Sie Ihre musizierenden Altersgenossen so sehen?

Peter Horton: Diese Art von Selbstrettungshype im Spättonus ist nicht mein Thema. Heino war in seinem Metier immer authentisch. Ich freue mich für ihn, wenn er hiermit noch mal eine ermutigende Vitalität verbreiten kann, gehe jedoch selbst einen anderen Weg.

Sie haben früher selbst viel Fernsehen gemacht. Wie sehen Sie heute die Rolle der elektronischen Medien von Fernseher, Computer bis I-Phone, die unser Leben beherrschen?

Peter Horton: Das Wort "beherrschen" ist hier gut gewählt, und die Frage enthält eigentlich bereits die Antwort. Wenn wir nicht immer mehr einem stressgesteuerten Wahnsinn auf den Leim gehen wollen, müssen wir Unterscheidungskraft einsetzen, deren wichtigstes Wahlwort "Abschalten zur rechten Zeit" heißt.

In einem Interview sagten Sie mal, dass Sie gern das Denken und Fühlen Ihres Publikums ein bisschen auffrischen wollen. Das ist ein hoher Anspruch. Bekommen Sie Rückmeldungen, in wieweit Ihnen das gelingt?

Peter Horton: Sehr viele! Die Menschen sind glücklich, wenn sie fühlen können und nicht nur jagen. Unterhaltung heißt für mich im Stillen "seelischer Unterhalt". Es gibt darin zwei Pole: Zerstreuung und Sammlung. Ich bin mehr für genussreiche Sammlung.

Am 8. Juni, 20 Uhr, gastiert Peter Horton im Theater Blauer Hirsch in St. Arnual. Karten bei Musikhaus Knopp, Futterstraße, Tel. (06 81) 9 10 10 13.

Zum Thema:

Auf einen Blick"Personalissimo" heißt die neue CD von Peter Horton. Mit seiner unverwechselbaren Stimme mit dem rollenden "R" singt er frühere Hits und neue, mal freche, oft romantische, immer aber poetische Lieder. Viel Liebe, viel Lebensweisheit und ein bisschen Wut - wenn er zum Beispiel über die "Quadratgesichter" singt, die unsere Zukunft verspielen. Dabei begleitet er sich selbst mit der Gitarre - und man vergisst vollkommen, dass das "nur" ein Instrument ist. Horton, der Ausnahmegitarrist, entlockt dem Instrument wunderbare, volle Klänge. Es swingt und groovt ganz schön. Und das hört sich gut an. (Erschienen bei In-Akustik). bre

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