Lieber Theater statt Jammer-Arie
Saarbrücken · Ein dickes Theaterpaket mit Zirkus, Tanz, Musik und Aktionen hat Festival-Chefin Sylvie Hamard für die Perspectives 2013 geschnürt. Am gestrigen Freitag stellten sie und Marion Touze es beim Redaktionsbesuch vor.
"Wenn ich im Theater bin und während der Vorstellung spüre, dass die Leute glücklich sind - das gibt mir Energie für ein paar Monate." Sylvie Hamard, Leiterin des Festivals Perspectives, macht ihren Job auch nach sechs Jahren noch mit unverminderter Freude. Jammern und Zagen sind ganz offensichtlich nicht ihr Stil. Das Festival hat seit Jahren keine Erhöhung des Etats mehr bekommen? Das ist schade, klar. "Aber wir können immer noch arbeiten. Es gibt weniger Geld, aber das geht allen so. Das Budget ermöglicht es trotzdem noch, etwas Vernünftiges zu machen."
Sylvie Hamard ist mit ihrer Pressereferentin Marion Touze zum SZ-Redaktionsgespräch gekommen, um das Programm des Festivals 2013 vorzustellen, das am 16. Mai beginnt. Eine bunte Mischung aus Tanztheater mit Fingern, Musiktheater, Papiertheater, Akrobatik und Poesie hat die Festivalchefin diesmal gebastelt. Ein Programm, mit dem sie unbedingt auch Menschen erreichen will, die keine typischen Theatergänger sind. "Es gibt künstlerisch gute Stücke, die alle Menschen freuen." Diese Stücke sucht sie. Denn ihre Perspectives sollen ein Festival für viele sein.
Natürlich findet sich auch das französische Sprechtheater in ihrem Programm, aber eben in Kombination mit Musik und gespielt von einer außergewöhnlichen Schauspielerin (Ghost Road mit Viviane de Muynck am 17. Mai). Und Theaterexperimente sind keine verkopften Versuchsanordnungen, denen nur Eingeweihte folgen können. Sondern eine Performance mit belgischen Kindern, die schon beim letzten Berliner Theatertreffen gefeiert wurde (Before your very eyes, am 25. und 26. Mai).
Um die allerletzten Schwellen abzusenken, gibt es am Pfingstmontag ein öffentliches Picknick mit Theater- und Musik-Häppchen im Deutsch-Französischen Garten. Und: Im neuen Festival-Club am Römerkastell wird sogar am 25. Mai das Champions-League-Finale ausgestrahlt. "Nach und nach verstehen die Leute, dass Perspectives ein Festival für ein breites Publikum ist." Die Zahlen sprechen für sie. Als Sylvie Hamard das Festival 2007 übernahm, dümpelte es bei 4 000 Zuschauern. Zuletzt kamen 13 000.
Kontakt mit dem Publikum halten Sylvie Hamard und ihr Team über eine stetig wachsende Kunden-Datenbank ("Als ich hier anfing, gab es gar keinen Verteiler"). Daher wissen sie auch, dass zum Beispiel aus Rastatt, Berlin, Frankfurt und Luxemburg Gäste zum Festival anreisen. "Andererseits", sagt Sylvie Hamard, "kann ich morgen hier auf die Straße gehen und finde Saarbrücker, die nicht mal wissen, dass es das Festival gibt." Dass die weniger werden, daran arbeitet sie.
Noch zwölf Tage bis zum Start des nunmehr 36. Festivals. Der Vorverkauf läuft seit drei Wochen. Läuft er gut? "Ich bin natürlich immer unruhig", gesteht Sylvie Hamard: "Jeden Abend schaue ich mir die Zahlen an, aber es läuft nicht schlecht." Erfahrungsgemäß zieht es knapp zehn Tage vor Festival-Beginn an. "Dann merken die Leute plötzlich: Oh, das Festival geht bald los, jetzt wird's Zeit."
festival-perspectives.de
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Auf einen BlickDas Festival Perspectives findet vom 16. bis 26. Mai statt. Im Vorverkaufsbüro, das diesmal in der Türkenstraße 2 am Ausgang des St. Johanner Markts eingerichtet ist, wird man von Montag bis Samstag, 11 bis 19 Uhr, beraten. Das Kartenbüro ist telefonisch unter (06 81) 95 80 93 35 erreichbar. Karten gibt es auch im Internet unter www.ticket-regional.de. Bisher ist noch kein Stück ausverkauft. bre
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HintergrundDie Perspectives 2013 bringen das Publikum an einige neue Orte. Da die Buswerkstatt am Eurobahnhof, lange Jahre Herzstück des Festivals, nicht mehr zur Verfügung steht, suchte und fand man neue, reizvolle Orte. So wird in der Eventhalle am Römerkastell ein Theatersaal eingerichtet - wo sonst Paletten lagern und türkische Hochzeiten gefeiert werden. Der Festival-Club wird gleich in der Nähe eingerichtet, in der ehemaligen Becolin-Fabrik am Römerkastell. Auch der schöne Theatersaal der Waldorfschule in Altenkessel ist erstmals Spielort, ebenso die Kirche der Jugend eli.ja in der Nähe der Ostschule in der Hellwigstraße. Sogar im Kultusministerium wird gespielt. So wird für manchen Festivalbesucher nicht nur das Theater selbst eine Entdeckung, sondern auch die Räume, in denen es spielt. bre