Lernen von Lagos: Wie man zu Viert in zehn Tagen eine Schule baut

Venedig · Der chilenische Architekt Alejandro Aravena hat die Biennale in Venedig kuratiert. Für „Reporting from the Front“ wählte er 88 Projekte aus 37 Ländern aus: nachahmenswerte Ideen, wie Architektur und Stadtplanung die Lebensqualität gerade in armen Ländern verbessern kann. Die Biennale-Preise beherzigten Aravenas Ansatz.

Welche Architekten braucht die Welt? Keine, die Luxusbauten, Bankentürme oder Museen in Metropolen bauen, so die Hauptaussage der Architektur-Biennale. Sondern solche wie Kunlé Adeyemi, genannt Nlè. Er nimmt einen Silbernen Löwen mit nach Hause als "vielversprechendster junger Teilnehmer". Bei keinem Sieger wurde während der Preisverleihung am Samstag in Venedig so gejubelt wie bei ihm. Nlè hat ein schwimmendes dreieckiges Holzhaus mit nach Venedig gebracht, das er zuerst in einem Slum-Viertel von Lagos, der größten Stadt Nigerias, verwirklicht und jetzt in einem Wasserbassin auf dem Arsenale-Gelände nachgebaut hat. Die Bauanleitung hat er innen an die Wand geklebt. Man nehme: vier Leute, zehn Tage, 15 Tonnen Holz und 256 Plastikfässer - fertig ist das Schulgebäude mit 220 Quadratmetern.

Auch keiner der anderen Preisträger der 15. Biennale (bis 27. November) ist im Hochpreis-Segment tätig oder hat einen prominenten Namen. Der Goldene Löwe für den besten Teilnehmer der internationalen Sammelausstellung ging an das Architektenbüro "Gabinete de Arquitectura" um Solano Benitez aus Paraguay. Ihr Ziel: den Zuzug in Großstädte aufhalten. Ihre Idee: Häuser bauen auf dem Land. Ihr Weg: nutzen, was massenhaft billig verfügbar ist. In Paraguay sind das Ziegel und menschliche Arbeitskraft.

Dass Spanien mit dem Goldenen Löwen für den besten Pavillon prämiert wurde, passt nur auf den ersten Blick nicht ins Bild. Denn bei der Länderausstellung "Unfinished" geht es um die Wirtschaftskrise und die Folgen. Im Eingangsraum zeigen Fotos unvollendete Neubauten, abgebrochene Renovierungen, versandete Prestigeprojekte. In den Nebenräumen sieht man, was man alles Schönes daraus machen kann: luftige Kulturzentren, spektakuläre Lofts oder auch nur ein provisorisches Dach für Arme. "Wir sehen Bauruinen als Chance", äußerten sich die Kuratoren des spanischen Pavillons. Der deutsche Beitrag "Making Heimat: Germany, Arrival Country" ging leer aus.

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