Leichenschau bald durch Profis?

Saarbrücken · Nach Sterbefällen wird bei der Leichenschau oftmals die Todesursache falsch angegeben, so eine Studie. Gesundheitsstaatssekretär Kolling will deshalb über die Einführung professioneller Leichenbeschauer diskutieren.

. Rechtsmediziner und Kriminologen gehen davon aus, dass in Deutschland jeder 20. Totenschein, den ein Arzt ausgestellt hat, fehlerhaft ist. Im Jahr 2013 starben im Saarland 12 825 Menschen. Demnach müssten bei mindestens 641 Leichenschauen , zu denen Ärzte verpflichtet sind, Fehler gemacht worden sein. Gesundheitsstaatssekretär Stephan Kolling (CDU ) verweist in diesem Zusammenhang auf eine Studie der Uni Münster aus dem Jahr 1997, wonach mehr als 10 000 nichtnatürliche Todesfälle pro Jahr unerkannt blieben, darunter mindestens 1200 Tötungsdelikte.

Waren eine Krankheit, ein Unfall oder gar ein Verbrechen die Todesursache? Diese Frage sollte eigentlich bei der nach dem Bestattungsgesetz vorgeschriebenen Leichenschau geklärt werden - oder es muss eine Obduktion veranlasst werden. Kolling drängt jetzt darauf, dass bei der geplanten Novellierung des saarländischen Bestattungsgesetzes die bisherige Praxis und das System der Leichenschau überdacht werden. Er sagte der Saarbrücker Zeitung: "Hier soll insbesondere die verpflichtende regelmäßige Fort- und Weiterbildung der Mediziner festgeschrieben werden." Er räumt ein, dass vielen Ärzten, die nur gelegentlich mit dem Thema befasst sind, Routine und Zeit fehlten, was zu Unsicherheiten führe. Mit 33,51 Euro werden nach der Gebührenordnung eine Leichenschau und die Ausstellung der Todesbescheinigung honoriert. "Eine korrekte Durchführung dauert von 30 bis 60 Minuten." Es sei eine Arbeit, die niemanden glücklich mache. Kolling: "Oft verbringen Ärzte kaum zehn Minuten beim Verstorbenen." Die Mediziner stünden vor einer "besonders schwierigen Herausforderung, oft stehen Pietät oder Scham im Weg". Meist werde der Hausarzt nach dem Tod eines Menschen zu einer Familie in einer emotionalen Ex tremsituation gerufen. Da sei es schwierig, "immer nach der Vorschrift zu handeln."

Mit Ärztekammer und Rechtsmedizinern will der CDU-Politiker nun das Thema diskutieren. Es müsse auch über die "sicherlich verbesserungswürdige" ärztliche Vergütung gesprochen werden. Kolling bestätigt zudem Überlegungen - etwa nach dem Vorbild Großbritanniens -, einen professionellen Leichenbeschauer einzuführen. "Hier gibt es auch im Saarland rechtsmedizinische Institute, die eine solche Arbeit leisten könnten."

Aktuell werde, so Kolling, in seinem Ministerium die Umsetzung einer Studie zur exakten Auswertung von Todesbescheinigungen geprüft. Der Schwerpunkt der Auswertung soll auf der Qualität der Angaben in den Urkunden liegen, um eine Basis für qualitative Verbesserungen der Leichenschau zu schaffen.

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