Leben und arbeiten unter Tage

Bildstock · In seinem Buch ,,Ressource Kohle – Ressource Mensch“ stellt der ehemalige Ausbildungsleiter der Saarbergwerke, Karl-Josef Boussard, den Menschen in den Mittelpunkt, auch wenn er über einen langen Zeitraum mehr Ressource als Mensch gewesen sei.

Im Juni 2012 ging im Saarland nach über 250 Jahren mit der Schließung des Bergwerks Saar die Tradition des Kohlebergbaus zu Ende. Grund genug für einen Mann, dem die Erinnerungskultur und die Nachhaltigkeit sehr am Herzen liegen, darüber zu schreiben: Karl-Josef Boussard. Der Autor stellte jetzt auf Einladung der Stadt Friedrichsthal und der Stiftung Rechtschutzsaal Bildstock im Nebenzimmer des Rechtschutzsaales sein aktuelles Buch "Ressource Kohle - Ressource Mensch" vor. Das Wort "Mensch" erscheint, sowohl im Vortrag als auch im Buch des Autors, jedoch nicht schwarz, sondern grau. Dies soll die Stellung des Bergmannes zum Ausdruck bringen, erklärte der 1948 geborene Bergbauingenieur mit Heimatort Merchweiler - heute wohnt er in Nohfelden. - vor einem kleineren Auditorium.

Es geht dem Mann, der in der fünften Generation in der Familie im Bergbau tätig war, um die Emanzipation der Bergarbeiter. Auch dann, wenn es diese heute im Saarland gar nicht mehr gibt. So steht im umfassenden Geschichtsvortrag des ehemaligen Ausbildungsleiters der Saarbergwerke AG das Leben und Arbeiten der Menschen im Vordergrund. Karl-Josef Boussard schlägt den geschichtlichen Bogen in seinem Buch sehr weit. Die Kohle habe immer Vorrang gehabt und der Mensch sei meist als Leibeigener und Untertan behandelt worden. Dies habe sich mit dem Aufkommen der Eisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts noch verstärkt. Rahmenbedingungen, die man sich in der heutigen Arbeitswelt nicht mehr vorstellen kann: Schlafhäuser, Sechs-Tage-Woche, weite Entfernungen zur Familie im Hinterland, Nebenerwerbslandwirtschaft parallel zum Grubenjob und Busse mit Leitern und harten Holzpritschen sowie ein Arbeitgeber, der Einfluss sogar bis ins Intimleben ausübte. Im Gegensatz dazu, die hohe handwerkliche ("Ein Bergmann kann alles") und soziale Kompetenz der Grubenarbeiter. Dabei wurden auch Dinge bekannt, die kaum jemand wusste: Bis 1861 gab es eine konfessionelle Verschiebung. Die zumeist protestantischen Gebiete wurden durch den Zuzug vorwiegend ländlicher Arbeiter katholisch.

Boussard ging auch auf das "Bildstocker Protokoll" vom Mai 1889 ein. Darin wurden die ersten Versuche unternommen, Arbeiterrechte festzuschreiben. Der Versuch scheiterte. Daran erinnert heute noch der Nikolaus-Warken-Weg, der - nach dem gleichnamigen Arbeiterführer benannt - hinter dem Rechtschutzsaal beginnt und nach Hasborn führt. Karl-Josef Boussard rief zum Abschluss dazu auf, dass Befürworter und Gegner aufeinander zugehen sollten.

Trotz einer recht überschaubaren Besucherzahl lebten auch an diesem Abend Emotionen auf. Beispielsweise als eine Frau darauf hinwies, dass das Bergbauende im Saarland mehr als sozialverträglich abgelaufen sei. Sie schlug den Bogen zur Einstellung der Braunkohle in der Lausitz. Hier wurden die Arbeiter größtenteils direkt in die Arbeitslosigkeit entlassen. "Hier geht es um unsere Geschichte. Das möchte ich gar nicht diskutieren", antwortete daraufhin ein anderer Vortragsbesucher. "Das interessiert doch heute niemand mehr", meinte jemand danach an der Theke.

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