Lass die Eltern mal daheim

Saarlouis · Das Thema Mobilität setzt eine ganze Schule samt Umfeld in Bewegung: Die Martin-Luther-King-Schule verändert in einem Modellprojekt die belastende Verkehrssituation vor der Schule. Kreativität aller Akteure hat Vorrang vor Verwaltungsakten.

 Schüler malten einander und schnitten die Silhouetten aus. Foto: Natalie Sadik

Schüler malten einander und schnitten die Silhouetten aus. Foto: Natalie Sadik

Foto: Natalie Sadik
 MLK-Schüler mit Natalie Sadik (links) und Lioba Amann malen auf der Feuerwehr-Zufahrt der Schule. Foto: Thomas Seeber

MLK-Schüler mit Natalie Sadik (links) und Lioba Amann malen auf der Feuerwehr-Zufahrt der Schule. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

Eltern setzen ihre Kinder nicht mehr direkt vor der Schule ab, sondern an einem Punkt namens "Kiss-and-Go" hundert Meter entfernt. Elternbriefe gehen raus, die darüber informieren. Elternlotsen, nicht etwa Schülerlotsen, sorgen für Einhaltung. Die Feuerwehrzufahrt zieren bunte Gemälde, sie bleibt jetzt autofrei. Demnächst prüfen Schüler mit Altersgenossen anderer Schulen den Zustand von Radwegen. Und vielleicht bringt das Ordnungsamt Halteverbotsschilder vor der Schule an.

Diese Entspannung der komplizierten Verkehrssituation vor der Martin-Luther-King-Schule (MLK) in Fraulautern verdankt sich einem Pilotprojekt, bei dem Schülerinnen und Schüler gleichberechtigt mitreden. Lebensgroße gemalte Schüler-Porträts, die demnächst an Pfosten aufgehängt werden, erinnern daran.

Das Projekt "StraßenART - Mobilität trifft Kunst" läuft noch und hat ein Kennzeichen: Probleme auf der Straße vor der Schule sollen nicht zuerst durch Bau- und Polizeimaßnahmen gelöst werden, sondern durch Bewusstseinsbildung. Und zwar so, dass alle Betroffenen wirklich beteiligt sind, durch weitreichende Partizipation also. "Auf Ideen wie der Elternlotse oder die Bezeichnung Kiss-and-Go können nur Schüler kommen", sagt die Projektleiterin Natalie Sadik. Das Projekt ist ein neues Modul der Schulentwicklungsplanung des Landkreises Saarlouis, die Sadik organisiert. Öffentlich bekannt sind besonders ihre "Zukunftswerkstätten", die mit systematischer Beteiligung von Schülern vor allem Schulhöfe umbauen.

Die MLK, eine Gemeinschaftsschule mit gut 390 Schülern, bot sich wegen einer schwierigen Verkehrssituation als Modellschule an. Die Kreuzbergstraße ist eng, die Häuser haben kaum Garagen, und zu den parkenden Anwohnern kommen Lehrer-Autos und das Gedränge der an- und abfahrenden Eltern.

Darüber haben alle Beteiligten - die schulischen Akteure, Anwohner, das Ordnungsamt, ein Verkehrsplaner des Kreises, am Anfang ein Bild vermittelt. Schüler-Sätze wie "Ich möchte morgens so an der Schule ankommen, dass die Autos nicht vor dem Schuleingang parken", aufgeschrieben auf gelben Zetteln, wurden Grundlage des Gesamtkonzeptes. Teams in den Klassenstufen erarbeiteten Ideen für die Entspannung auf der Straße.

Zusätzlich und auf Dauer wurde Mobilität als Thema im Unterricht verankert, wie Schulleiter Bernd Schmitz berichtet. Da geht es darum, die eigene Mobilität zu hinterfragen. Spielt nicht auch Ökologie eine Rolle, oder Kommunikation mit anderen Schülern, die bei der Anfahrt mit dem Auto ausfällt? Lass die Eltern mal zu Hause, könnte ein Motto dabei sein, sagt Sadik.

In der fünften Klasse machen sie ein Bustraining, in der sechsten Fahrradtraining, in der siebten eine Klassenfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Achter nehmen teil am einem Beifahrer-Training "Roadsense" von Mercedes-Benz, das auf verantwortungsbewusste Beifahrer zielt.

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