Landtag nimmt Gefährder ins Visier

Saarbrücken · Statt drei Monate soll die saarländische Polizei Gefährder künftig sechs Monate lang observieren dürfen. Doch wann ist jemand ein „Gefährder“?

 Innenminister Klaus Bouillon hält die Gesetzesänderung für zwingend erforderlich. Foto: Becker&Bredel

Innenminister Klaus Bouillon hält die Gesetzesänderung für zwingend erforderlich. Foto: Becker&Bredel

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Wie viele Gefährder im Saarland herumlaufen und von der Polizei ständig beobachtet werden, ist nicht bekannt. Die Landesregierung schweigt dazu, weil sie fürchtet, es könnten "präventiv-polizeiliche Gefahrenabwehrmaßnahmen bzw. laufende Ermittlungsverfahren gegen solche Personen gefährdet" werden.

SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn verriet gestern im Landtag immerhin, derzeit werde "mindestens ein Gefährder" observiert. Die CDU-Abgeordnete Ruth Meyer wiederum gab bekannt, "dass für alle im Saarland registrierten Gefährder" gerichtliche Observationsbeschlüsse vorliegen.

Allerdings droht der von Pauluhn genannte Gefährder aus der Observation zu fallen, wie der Fraktionschef erläuterte. Denn das Gesetz besagt: Eine Observation kann beim Gericht für drei Monate zugelassen und dann - sofern die Voraussetzungen vorliegen - in Drei-Monats-Schritten verlängert werden.

Gesetzesänderung

Die Gesetzesänderung, die gestern im Landtag auf den Weg gebracht wurde und Mitte März beschlossen werden soll, würde es der Polizei erlauben, einen Gefährder sechs Monate zu observieren. Die Begründung von CDU und SPD: Drei Monate könnten in Einzelfällen viel zu kurz sein, da sich Gefährder häufig über längere Zeit konspirativ und gesetzeskonform verhielten, um sich der Aufmerksamkeit der Polizei zu entziehen.

Innenminister Klaus Bouillon (CDU) sagte, alle Fachleute seien sich in diesem Punkt einig. Auch Pauluhn erklärte, die Änderung werde der Polizei sehr helfen. Das leuchtete auch der Linksfraktion ein.

"Grundsätzlich geht der Gesetzentwurf aufgrund der veränderten Sicherheitslage in die richtige Richtung", sagte die Abgeordnete Birgit Huonker, die allerdings - wie die Grünen - zu bedenken gab, dass die Polizei für die Beobachtung genügend Personal brauche. Der Grünen-Politiker Michael Neyses sagte, es seien nochFragen offen.

Weitere offene Fragen


"Was bedeutet konkret Gefährder? Sind damit die sogenannten islamistischen Gefährder gemeint oder erfasst das zum Beispiel auch Anti-Atom-Aktivisten?" Es gebe bisher keine rechtsstaatliche Definition. Laut Gesetz sind Personen betroffen, "bei denen Anhaltspunkte bestehen, dass sie künftig Straftaten begehen", sowie auch deren "Kontakt- und Begleitpersonen".

Pirat Michael Hilberer bemängelte die "sehr dürftige" Gesetzesbegründung. Er fragte: "Wie viele Gefährder sind uns bislang durch die Lappen gegangen aufgrund dieser Drei-Monats-Frist?"

Die CDU-Abgeordnete Meyer sagte, sie hätte sich gewünscht, im Zuge dieser Gesetzesänderung auch die rechtlichen Voraussetzungen für eine Ausweitung der Video-Überwachung zu schaffen. Sie zitierte den Chef des Landeskriminalamtes, Harald Schnur, aus einer nicht-öffentlichen Innenausschuss-Sitzung: Video-Überwachung spiele für Prävention und Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus eine große Rolle, sie könne durch keine andere Maßnahme vollkommen kompensiert werden.

SPD-Fraktionschef Pauluhn sagte, er sei sich mit Innenminister Bouillon einig, dass man die Ausweitung der Video-Überwachung "nicht hopplahopp" noch vor der Landtagswahl beschließen wolle. Bouillon: "Wir wollen das losgelöst von der Hektik des Wahlkampfes in Ruhe und sachlich miteinander bereden."

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